Die Mieten steigen — aber wann?

■ Interview mit Dr. Michael Krautzberger, Leiter der Außenstelle des Bundesbauministeriums in Berlin

taz: Die Mieten in der DDR werden steigen — aber wie und wann?

Michael Krautzberger: Darauf kann niemand antworten, schon weil das von den Bonner Koalitionsverhandlungen und vom Bundesrat abhängt. Nach dem Einigungsvertrag wird sich nichts ändern, solange die Einkommensentwicklung nicht abzusehen ist, und da liegen noch keine Daten vor. Man weiß auch nicht, welche Mittel der Bund künftig als Ausgleich für die zu geringen Mieten in der Ex-DDR aufbringen wird.

Wie hoch sind derzeit die Zuschüsse?

In einer Größenordnung von 25 Milliarden Mark im Jahr bei unveränderten Mieten — nur, um das jetzige System durchzufüttern, da ist noch nichts drin, um die Wohnungen zu verbessern. Die Miete deckt ja nicht einmal die Betriebskosten.

Wann ist an die Umlage der Betriebskosten gedacht?

Die Betriebskosten möglichst bald umzulegen, wäre schon unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll. Aber bei vielen Neubauwohnungen wird zum Beispiel das Warmwasser zentral im Haus gezählt und nicht wohnungsweise. Und die Heizungen sind technisch so konstruiert, daß sie weder wirksam zu regulieren sind, noch die Heizwärme je Wohnung zu messen ist. Wenn man in den neuen Ländern die Betriebskosten voll umlegen würde, würden die Mieten sehr erheblich steigen. Wohngeld gibt es für Betriebskosten ja nicht. Die Mieter müssen an den Kosten schrittweise beteiligt werden. Aber das hängt davon ab, wieviel Geld die öffentliche Hand für die Subvention der Wohnungswirtschaft ausgeben wird.

Außerdem wird möglicherweise demnächst die Instandsetzung auf die Miete umgelegt. In welcher Höhe ist das geplant? Elf Prozent der Kosten auf die Jahresmiete oder nur sieben?

Auch diese Frage ist noch nicht entschieden.

1990 hat der Bund eine Milliarde für die Stadterneuerung in der Ex- DDR ausgegeben — bleibt das so?

Dieses Geld soll dazu dienen, daß die Städte umfassende Planungen machen, was bisher nie geschehen ist. Zum Beispiel war die Veränderung der Sozialstruktur in Zusammenhang mit Stadterneuerung hier nie ein Thema.

Aber die DDR-Kommunen haben diese Milliarde doch eher für Baumaßnahmen eingesetzt?

Sie mußten erst einmal reparieren, das war kurzfristig das Wichtigste. Aber das ist keine Verbesserung, das stoppt nur den Verfall.

Wird denn der Bund weiterhin soviel Geld zur Verfügung stellen?

Man kann da keine absoluten Zahlen nennen. Bei den westlichen Ländern haben wir zwei Milliarden Mark für die Stadterneuerung, davon tragen je ein Drittel Bund, Länder und Kommunen. Ob das in dieser Höhe so bleibt, kann ebenfalls keiner sagen. Die Ministerin will das. Und den ostdeutschen Ländern muß man relativ mehr Geld geben, da Länder und Gemeinden dies nicht in dem Ausmaß schaffen werden, und die Eigentümer auch nicht.

Aber in der ehemaligen DDR herrschen doch ganz andere Zustände, müßte man da nicht die Wohnungsmodernisierung staatlich bezuschussen, zumal das für die Mieter günstiger ist?

Die Regierung ist sich einig, daß man die Modernisierung fördern muß. Es gibt ja dieses Zehn-Milliarden-Kreditprogramm des Bundes...

Aber das wirkt sich auf die Miete aus, ein Zuschußprogramm nicht.

Das ist so nicht richtig, denn die Zinsen des Kreditprogramms sind ja um ein Drittel verbilligt, und in diesem Maße werden auch die Mieterhöhungen verringert. Das reicht nicht alleine aus, sicher. Aber auch, ob es ein Zuschußprogramm geben wird, hängt vom Bundeshaushalt ab.

Wieviel Geld sollte es Ihrer Meinung nach für ein Zuschußprogramm geben?

Man sollte sich eher an der Zahl von Wohnungen orientieren, die man modernisieren und neu bauen will. Da wäre vielleicht eine Größenordnung von 100.000 Wohnungen im Jahr sinnvoll.

Ein Problem bei der Stadterneuerung ist, daß ungeklärt ist, wem die Häuser gehören. Viele Wohnungsbaugesellschaften trauen sich deshalb nicht, ihre Häuser zu sanieren.

Da gibt es den Weg über das Gesetz der besonderen Investitionen. Das heißt, daß ein Erwerber auftritt und sagt, wir investieren, um dringenden Wohnbedarf zu decken. Wir haben inzwischen eine Arbeitsanleitung der Bundesregierung bekommen, und danach ist es möglich, das Gesetz so zu interpretieren, daß damit eine Sanierung von Häusern möglich ist, deren Besitzverhältnisse noch nicht geklärt sind. Obwohl das in die Nähe einer Enteignung geht, denn wenn die Gesellschaft zum Beispiel eine Modernisierung mit Krediten finanziert, bleiben die Kredite am Eigentümer hängen. In einem ausgewiesenen Sanierungsgebiet würden wir auf alle Fälle dafür eintreten, daß nach diesem Gesetz modernisiert werden kann.

Warum sind denn die volkseigenen Bauten keine Sozialwohnungen im westdeutschen Sinne?

Die Neubaufinanzierungssysteme der ehemaligen DDR und der Bundesrepublik sind zu verschieden. Aber die Wohnungen sind trotzdem preis- und belegungsgebunden, auch wenn die Kommunen die Wohnungen verkaufen. Unser Ziel ist, einen Teil davon als Sozialwohnungen zu erhalten, so daß dann auch eine Fehlbelegungsabgabe möglich wird.

Was steht dem entgegen?

Das ist ein sehr bürokratisches Verfahren, und die Kommunen wollen außerdem lieber frei über die Wohnungen verfügen. Denn wenn die Kommunen Wohnungen verkaufen möchten, drücken die Belegungsrechte den Preis.

Es gibt in der ehemaligen DDR eine andere Rechtslage bei Eigenbedarfskündigungen, die Mieter in den nächsten zwei Jahren mehr schützt als im Westen. Wird das bleiben, oder wird womöglich die Rechtslage im Westen verbessert?

Das ist eine Übergangsregelung und nicht für die alte Bundesrepublik gedacht. Eva Schweitzer