: Unternehmer bezahlt Abschiebung
■ Prozeß: Obstbauer muß Abschiebungskosten für illegal Beschäftigte tragen
Wer als Arbeitgeber Asylbewerber ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt, kann zu den Kosten einer späteren Abschiebung auch dann herangezogen werden, wenn er die Asylbewerber nur für kurze Zeit beschäftigt hat und nur einen geringen Gewinn aus ihrer illegalen Arbeit zog. Mit dieser Begründung hat der 21. Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg die Klage eines Obstbauern aus dem Landkreis Northeim abgewiesen. Der Landkreis Northeim hatte den Bauern zur Erstattung von Abschiebungskosten in Höhe von 4.900 Mark in Anspruch genommen. (Az 21 OVG A 102/88)
Der Kläger hatte unter anderem einen indischen und einen pakistanischen Asylbewerber ohne Arbeitserlaubnis auf seiner Kirschplantage als Obstpflücker beschäftigt. Die Dauer ihrer Tätigkeit war für höchstens fünf Tage vorgesehen. Als die Ausländer ihre Tätigkeit auf Grund einer Polizeikontrolle einstellen mußten, hatten sie gerade einen Vormittag lang auf der Plantage gearbeitet. Der für den Kläger aus dieser kurzzeitigen Tätigkeit entstandene Gewinn lag bei höchstens 50 bis 60 Mark, so das Gericht.
Nachdem die Asylanträge der beiden Asylbewerber rechtskräftig abgelehnt worden waren, schob die Ausländerbehörde des Landkreises Northeim die beiden Asylbewerber in ihre Heimatländer ab und zog den Kläger zur Zahlung der Abschiebungskosten von 4.900 Mark heran. Die Behörde stützte sich dabei auf eine Vorschrift des Ausländergesetzes, nach der ein Arbeitgeber, der Asylbewerber ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis beschäftigt, die Abschiebungskosten zu tragen hat.
Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht gab der gegen den Heranziehungsbescheid erhobenen Klage statt, da die Belastung des Klägers mit den hohen Abschiebungskosten angesichts der nur kurzzeitigen Beschäftigung und des geringen Gewinns dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspreche.
Kostenrisiko soll abschrecken
Auf die Berufung des Landkreises wies das OVG jetzt die Klage ab, da die Heranziehung des Klägers nicht unverhältnismäßig sei. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit dürfe sich nicht auf einen Vergleich zwischen den Abschiebungskosten und dem aus der Beschäftigung gezogenen Gewinn beschränken, meinten die Richter des 21. Senats. Vielmehr falle bei der Gegenüberstellung von Belastung und Nutzen entscheidend ins Gewicht, daß die Heranziehung des Klägers einem wichtigen öffentlichen Interesses zugute komme.
Die gesetzliche Kostenregelung solle Arbeitgeber veranlassen, Asylbewerber nicht ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis zu beschäftigen. Da das Kostenrisiko abschreckend wirke, trage es zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung von Asylbewerbern bei und mindere den „Anreiz für Ausländer, allein aus wirtschaftlichen Gründen in der Bundesrepublik politisches Asyl zu beantragen“, heißt es in der Begründung des Urteils. Die Richter meinten, die illegale Beschäftigung von Asylbewerbern könne jedoch nur dann wirksam bekämpft werden, wenn das Kostenrisiko die Arbeitgeber auch im Falle einer nur kurzen illegalen Beschäftigung und geringen Gewinns treffe. Bei Berücksichtigung dieses öffentlichen Zweckes, dem die Heranziehung diene, stehe die Belastung des Klägers nicht außer Verhältnis zu dem Nutzen, der aus dieser Maßnahme folge.
dpa
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