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Thema heute: Eurolobbyismus

Lobbyismus — diese „amerikanische“ Politikform hat besonders in Deutschland etwas anrüchiges, abstoßendes. Unbekannt ist sie jedoch weder in Bonn, Rom oder Warschau. Durch die Umwälzungen in Mittelosteuropa und den Machtzuwachs der EG gewinnt die direkte Art der Interessensvertretung allerdings an Bedeutung. Nicht nur in Europa ist dieser Prozeß zu beobachten, in Ländern wie Japan und den USA ist er bereits institutionalisiert. In einer Zeit, wo regionale und nationale Parlamente immer weniger, undurchschaubare supranationale Bürokratien aber immer mehr zu sagen haben, greifen selbst Umwelt-, Konsumenten- und andere nichtkommerzielle Organisationen auf Interessensvertreter vor Ort zurück. In Brüssel konzentrieren sich die Lobbyisten auf die EG-Kommission, wo die EG- Gesetze vorbereitet und die Budgets verwaltet werden. Um zwei Dinge geht es den Lobbyisten dabei: möglichst früh die für die Klientel wichtigen Gesetzgebungsverfahren zu beeinflussen und möglichst viel Geld aus dem Subventionsdschungel abzuzocken. Wie weit der Prozeß schon fortgeschritten ist, zeigt die Vorstellung einiger Eurokraten, daß selbst das Europaparlament lediglich eine Lobbygruppe sei. Weil vielen Industrievertretern das Beeinflussungsverfahren zu anstrengend ist, sollen jetzt nach den Plänen des Binnenmarktkommissars Martin Bangemann sogar Teile des Gesetzgebungsverfahren gänzlich ausgelagert werden. In sogenannten unabhängigen Institutionen, so der Traum, soll die Industrie sich dann selbst regulieren — unter Ausschluß auch der kritischen Lobbyisten. In dem Maße, wie die Industrie nationale Grenzen sprengt und die Regierungen sich aus der parlamentarischen Kontrolle verabschieden, werden sich auch die grün-alternativen Organisationen mit der „neuen“ Politikform anfreunden müssen. Diese Entwicklung bietet jedoch auch eine Chance — für die national ausgebooteten Grünen. Statt auf eine antiquierte Parteienpolitik zu beharren, könnten sie sich schon jetzt auf die Zeit einstellen, wenn nur noch mit effektiven Eurolobbyismus Politik gemacht werden kann.

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