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Golfkrise führt zu Exodus aus Israel

Auch Bundesbürger sollen Israel bei Scheitern der Golf-Diplomatie verlassen/Flüge ausgebucht  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israel erlebt in den Tagen vor dem Ablauf des UN-Ultimatums an den Irak eine massive Ausreisewelle. Fluggesellschaften und ausländische Botschaften berichten, daß es in den nächsten Tagen und Wochen keine freien Plätze in Flugzeugen mehr gibt, die Israel verlassen. Falls die direkten Gespräche zwischen USA und Irak am Mittwoch in Genf keine Aussichten auf eine friedlichen Lösung der Golfkrise eröffnen, sollen auch alle Deutschen Israel verlassen. Eine entsprechende Empfehlungen zur „privaten Krisenvorsorge“ hat das Auswärtige Amt den etwa 900 in Israel lebenden Bundesbürgern gegeben. Das Amt sprach von einer „reinen Vorsichtsmaßnahme im Hinblick auf den 15. Januar“, es handle sich nicht um einen Evakuierungsplan. Die „Lufthansa“ wurde aufgefordert, ausreichend Flugraum zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde empfohlen, die besetzten Gebiete nicht zu besuchen.

Die meisten großen internationalen Fluggesellschaften haben dabei ihre Flüge nach Israel ganz eingestellt oder stark reduziert, da kaum noch Touristen nach Israel reisen wollen. Eine Ausnahme macht dabei nur die ostdeutsche „Interflug“, die ab Montag einmal wöchentlich nach Tel Aviv fliegen will. Israels Transportminister Kazav hat bedauert, daß befreundete Staaten ihre Flüge nach Israel einstellen oder einschränken und forderte, daß die staatliche „El Al“ einspringen solle.

Die Ausreisewelle ist nur ein Aspekt der „Notstandssituation“, die laut Polizei und Behörden im Zusammenhang mit der Entwicklung am Golf zu erwarten ist und die sowohl Israel selbst als auch die besetzten Gebiete in Aufruhr bringen kann. Polizeiminister Ronnie Milo vertrat im Sicherheitsausschuß der „Likud“-Partei die Ansicht, daß auch bei der arabischen Bevölkerung Israels eine weitere Radikalisierung zum Ausdruck komme. Eine Eskalation am Golf werde die islamische Bewegung unter den Arabern Israels und der besetzten Gebiete stärken. Milo forderte „extreme und aggressive Maßnahmen“ und gab bekannt, daß die Polizei Schritte eingeleitet habe, um den internen Sicherheitsgefahren begegnen zu können.

In den früheren Kriegen, die Israel führte, hatten sich die dort lebenden Palästinenser relativ still verhalten. Falls jetzt ein Krieg im Golf ausbrechen sollte, erwartet man jedoch sichtlich intensivere Proteste der palästinensischen Bevölkerung. Außerdem besteht natürlich die Gefahr einer Ausbreitung des Krieges auf Israel und einige seiner Nachbarstaaten, wobei es Kräfte in der israelischen Regierung gibt, die darauf dringen, im Kriegsfall Jordanien zu einem Palästinenserstaat zu machen, indem man alle Palästinenser unter israelischer Herrschaft dorthin „transferiert“.

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