Afrikaner dürfen mitkochen

■ AWO und Sozialbehörde vereinbaren neue Form der Verpflegung für Asylbewerber / Schiff wird ab Donnerstag bezogen

TÜV und Feuerwehr haben dem Schiff, auf dem Asylbewerber einziehen sollen, jetzt ihren Segen gegeben: Ab Donnerstag will die Sozialbehörde die Afrikaner aus den Bunkern Friedrich-Karl- und Zwingli-Straße dorthin (in den Allerhafen in Hemelingen) umquartieren. Die Bunker sollen wieder geschlossen werden. Dies teilte Erhard Heintze, der Ausländerreferent der Sozialbehörde, gestern mit. Die Feuerwehr hat aus Sicherheitsgründen lediglich für die Kabinen ein Rauchverbot verhängt. Rauchen dürfen die Bewohner des Schiffs deshalb nur in ihrem großen Salon, dem Aufenthaltsraum. Auch Kochen dürfen sie wegen der Sicherheit nicht an Bord: Die Kombüse des schwedischen Schiffes istmit ihren rund 2 x 3 Metern viel zu klein und höchstens zur Teeküche geeignet. Gemeinschaftsverpflegung ist deshalb trotz aller Probleme weiter angesagt.

Die Arbeiterwohlfahrt, die die aus afrikanischen Ländern nach Bremen geflohenen Asylbewerber auf dem Schiff weiter betreuen und versorgen wird, hat sich jedoch Kompromisse einfallen lassen: Das Essen wird nicht mehr in Aluminium-Schachteln, sondern per Therme angeliefert. Damit kann es den Asylbewerbern auf „richtigem“ Geschirr serviert werden, wie Joachim Adel, der für Flüchtlingsfragen zuständige Abteilungsleiter bei der Arbeiterwohlfahrt der taz erklärte. Weitere Neuerung: Künftig können den Afrikanern, die in ihrer Heimat von Kindesbeinen an darauf gedrillt wurden, nichts Ungekochtes zu essen, zweimal täglich warme Mahlzeiten angeboten werden. Auch im Speisezettel will die AWO-Küche mehr auf die afrikanischen Bedürfnisse eingehen und zum Beispiel mehr Reis und Hühnerfleisch in die Kost einbeziehen. An Essensgestaltung und -Auswahl sollen die „zwangsverpflegten“ Asylbewerber künftig mehr beteiligt werden. Nach Auskunft von Ausländerreferent Heintze werde auch überlegt, einen der Afrikaner auf Prämienbasis in der Küche zu beschäftigen. Mit diesem Ergebnis kamen gestern Sozialbehörde, Arbeiterwohlfahrt und die Zentralstelle für die Integration Zugewanderter aus einem gemeinsamen Gespräch.

Die Gemeinschaftsverpflegung, die der Senat nur noch zuläßt, wenn eine individuelle Verpflegung nicht möglich ist, hatte bei den Afrikanern, die derzeit noch im Bunker leben, zu massiven Gesundheitsproblemen geführt. Einige hatten die Mahlzeiten sogar ganz verweigert (vgl. taz vom 5.1.). Bei Menschen, die sich überwiegend von Reis mit geringen Fleischzugaben und nie von Milchprodukten ernähren, entwickelt der Organismus z.B. eine entsprechende Intoleranz und ist nicht mehr in der Lage, Lactose zu verarbeiten.

Gestern abend wurde der Beirat Östliche Vorstadt darüber informiert, daß in das bisherige Übergangswohnheim Osterdeich 27 nun auch Asylbewerber einziehen werden, nachdem die Übersiedler ausquartiert wurden. Drei Familien sind schon eingezogen.

Zwei andere Stadtteile sind unterdessen mit ihren Asylantenunterkünften in die Schlagzeilen gekommen: In der Schwachhauser Heerstr. 110 und im ehemaligen Hotel „La Campagne“ in der Nähe des Rhododendron-Parkes werde zunehmend gedealt. Dort sind laut Sozialbehörde zwar jeweils über 50 „Asylbewerber unterschiedlicher“ Herkunft untergebracht — von Nachbarn werden jedoch immer mehr Kurden und Türken beobachtet. Die Polizei, der verschiedene Strafanzeigen vorliegen, ermittelt bereits. „Nicht alle im Campagne sind Kriminelle, die wenigen schwarzen Schafe herauszupicken ist nicht leicht“, betont der Horner Ortsamtsleiter Horn. „Auch wir haben unser Päckchen zu tragen“, meint er. Man könne sie nicht einfach immer nur im Viertel einquartieren. Nach seinen Angaben halten sich die Beschwerden der Anwohner in Grenzen.

In der Schwachhauser Heerstraße sitzen türkische Männer beim Kartenspiel zwischen ihren Etagenbetten. Ein deutsches Mädchen, („Ich bin mit diesem Mann befreundet“) schaltet sich bei unserem Besuch in das Gespräch ein. „Das ist doch alles Quatsch“, wischt sie die Fragen zu Beschwerden von Anwohnern vom Tisch. „Blödsinn, daß die Männer hier mit Dollarnoten Zigaretten kaufen gehen.“ Bei einer Handbewegung werden blutunterlaufen Einstiche sichtbar. Draußen fährt unterdessen ein protziger Geländewagen mit ROW-Kennzeichen weg. Der Fahrer ruft einem auffällig um das Haus spähenden Lederjackenträger zu: „Nicht so auffällig.“ Aus einem Mercedes mit roten Nummernschildern kommen neue Leute ins Haus. ra