: Neue Bankenrettung könnte 2,3 Milliarden Dollar kosten
■ Washington übernimmt gleich drei große Geldinstitute in Neuengland
Washington/Boston (dpa/taz) — Drei Tochterbanken der Bank of New England (BNE) sind in der Nacht zum Montag vom Staat in einer der größten Rettungsaktionen der US-Bankengeschichte übernommen und durch eine Kapitalzufuhr von 750 Millionen Dollar (1,125 Milliarden DM) vor dem sofortigen Zusammenbruch bewahrt worden.
Die Rettungsaktion könnte Washington aber insgesamt 2,3 Milliarden Dollar (3,45 Milliarden DM) kosten, schätzt William Seidman, der Chef der staatlichen Bankenversicherung FDIC. Sie werde das Kapital zur Verfügung stellen, um die angeschlagenen Institute später zu verkaufen. Sie wird dabei tief in die Tasche greifen müssen, um Immobilien- und andere faule Kredite abzudecken, die potentielle Käufer nicht übernehmen wollen. FDIC-Chef William Seidman teilte mit, daß es bereits zwei Interessenten gibt.
Die Bankholding rangiert unter den US-Großbanken auf Platz 33. Das Institut hatte am vergangenen Freitag angekündigt, daß es im vierten Quartal einen Verlust von 450 Millionen Dollar erwartet, nachdem schon in den vorangegangenen zwölf Monaten rund 1,45 Milliarden Dollar Miese gemacht worden waren. Seit Herbst 1989 sind bei der BNE somit Verluste von 1,9 Milliarden Dollar angefallen. Ein Drittel ihrer ausstehenden Immobilienkredite von 6,3 Milliarden Dollar sind faul — die Kreditnehmer zahlen weder Zinsen noch Amortisation.
Die Bank of New England ist die mit Abstand schwächste der US- Großbanken. Viele US-Großbanken, vor allem im Nordosten der USA, leiden unter einer gigantischen Last von faulen Immobilien-, Unternehmens- und Drittweltländer-Krediten. Der Zusammenbruch des Immobilienmarktes und die US-Rezession haben die Situation noch verschlimmert. Ein Konkurs des riesigen Instituts hätte für die gesamte Wirtschaft Neuenglands katastrophale Folgen haben können.
Im kleinsten Bundesland Neuenglands, in Rhode Island, sind vergangene Woche 45 Kreditvereine und kleinere Banken wegen des Zusammenbruchs einer privaten Einlagenversicherung geschlossen worden. Der Gouverneur hat den Bankennotstand ausgerufen. 22 meist kleinere Kreditvereine haben inzwischen staatliche Einlagenversicherung erhalten und werden wieder öffnen.
Um eine Panik zu vermeiden, hat die FDIC den Einlegern der drei BNE-Töchter den Zugang zu ihren Konten garantiert und will selbst die Einlagen zurückzahlen, die über die normale Versicherungssumme von 100.000 Dollar hinausgehen. Seit Donnerstag sind bereits eine Milliarde Dollar an Spargeldern und Einlagen abgezogen worden.
Die Rettung die First Republic Bank in Dallas hatte 1988 2,9 Milliarden Dollar gekostet, ein Jahr später die der ebenfalls in Dallas beheimatete MCorp 2,7 Mrd Dollar. Die Auffangaktion für die Continental Illinois in Chicago im Jahre 1984 hatte eine Milliarden Dollar gekostet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen