Beat The Amis — Oh Yeah!

■ Weltmeisterschaft-Gold für die deutsche Freistilstaffel der Männer/ Zweiter Weltrekord durch den Ungarn Tamas Darnyi/ Australiens Frauen erfolgreich wie in alten Zeiten/ Goldjubel in Surinam

Perth (adn/taz) — Alles andere war Vorspiel. Es zählte nur die Staffel. Das 4*-200m-Freistil-Rennen wurde zum deutsch-amerikanischen Prestigeduell hochgepeitscht. Die Journalisten brauchten diesmal nur ihre Ohren und Mikrofone aufzumachen, die Schwimmer selbst sorgten für hitzige Stimmung: „Wir werden den Amis einen unterjubeln“, flötete Peter Sitt ins Mikro seines reporternden Staffel-Kollegen Michael Groß, der dazu nur kräftig nicken konnte. Vorher aber waren zur Einstimmung sozusagen vier andere Rennen abzuwarten.

Michael Groß (Offenbach) schwamm sich für die Staffel über 100 Meter Schmetterling ein. Er führte lange, schmetterte hervorragende 53,31 Sekunden und wurde doch nur Zweiter. Anthony Nesty, der in Seoul mit seinem Olympiasieg der Welt die Existenz seines Heimatlandes Surinam mitteilte, war nicht zu schlagen, weil ihm der bessere Anschlag gelang. Zwei Hundertstel Sekunden Vorsprung vor Groß und Wjatscheslaw Kulikow (UdSSR). Nach den Olympischen Spielen widmete man Anthony Nesty in seiner Heimat eine Goldmünze und eine Briefmarke. Und diesmal?

Das 200-Meter-Freistilrennen der Frauen wurde zu einer deutschen Pleite. Europameisterin Manuela Stellmach (Berlin) erreichte gar nicht erst den Endlauf, Stephanie Ortwig (Remscheid) wurde Siebte und drückte sich danach vor Interviews. Aber auch das amerikanische Schwimm-Wunder Janet Evans mußte nach dem 400-Meter-Lagen- Rennen ihre zweite Niederlage hinnehmen. Hayley Lewis ließ ihre australischen Landsleute ausflippen, als die Vorlauf-Achte Gold für die „Aussies“ gewann: „Fünfzehn Meter vor dem Ziel habe ich die Zuschauer toben hören“, erklärt die 16jährige ihren unwiderstehlichen Endspurt, „ich dachte mir, Kopf unter Wasser und durchgeschwommen bis zum Ende.“ Hinter Janet Evans gewann die EM-Dritte Mette Jacobsen schon die zweite Medaille für Dänemark.

Olympiasieger Tamas Darnyi wurde nach dem 400-Meter-Lagen- Rennen gefragt, was er im Vorjahr gemacht habe, als es so ruhig um ihn war. Seine Antwort: „Ich habe ein bißchen Spaß gemacht.“ Das Schwimmen hat er dabei nicht verlernt. Alle Zweifel an seiner WM- Form beseitigte Darnyi mit dem neuen Weltrekord von 4:12,36 Minuten. „Ich habe mich im Vorlauf geschont, deshalb hatte ich große Reserven fürs Finale. Mit dem Rekord war trotzdem nicht zu rechnen.“ Die Medaillen gewannen Eric Namesnik (USA) und Stefano Battistelli (Italien). Der Erfurter Christian Geßner hielt als Sechster gut mit, Vize-Europameister Patrick Kühl aus Potsdam enttäuschte jedoch und erreichte nicht den Endlauf.

Neue Weltmeisterin über 200 Meter Brust wurde Jelena Wolkowa (UdSSR/2:29,53). Das war lange fraglich, denn zunächst machte die Potsdamer Schülerin Jana Dörries Tempo, dann übernahm Alexandra Hänel aus Köln die Führung. „Ich hatte Probleme mit den Atemwegen, konnte schlecht durchatmen“, versuchte sie ihren Rückfall bis Platz fünf auf den letzten 50 Metern zu erklären. Davon profitierten nicht nur Wolkowa und die Australierin Linley Frame, sondern auch die 15 Jahre alte Jana Dörries mit einer überraschenden Bronzemedaille.

Dann lief der Countdown zum Wettbewerb über 4* 200m Freistil. Er endete mit einem Triumph von Peter Sitt (Bonn), Stefan Pfeiffer (Hamburg), Steffen Zeßner (Berlin) und Michael Groß. „Das ist die erste Staffel-Goldmedaille für die Deutschen seit 1975“, brüllte der ARD- Reporter vor Begeisterung — und hatte sich geirrt. Die deutschen DDR-Schwimmer besiegten schon 1986 in Madrid die Amerikaner, Steffen Zeßner ging somit als Titelverteidiger ins Rennen. Spannend wurde es nur, als US-Schlußschwimmer Gjertsen nach 100 Metern zu Michael Groß aufschloß. Aber Groß: „Das war Taktik.“ Die Sieger-Staffel (7:13,50) hatte fast anderthalb Sekunden Vorsprung vor den USA und Italien. Inhaltsschwer gestanden die Weltmeister danach: „Das hätten wir uns nie träumen lassen. Das ist wunderbar. Bla, bla, bla ...“ Aber was sollen sie auch sagen.

Ein großer sportlicher Erfolg ist es allemal, den sich auch der Münchner Kunstspringer Albin Killat vorgenommen hat. Nach dem Vorkampf vom Drei-Meter-Brett liegt er hinter dem Chinesen Liangde Tan auf Platz zwei. Kaum noch Medaillenchancen haben dagegen die deutschen Wasserballerinnen, nach dem sie ihr Vorrundenspiel gegen Kanada 5:10 verloren.

Schließlich gibt es noch eine revolutionäre Neuerung zu vermelden: Erstmals in der Geschichte des Schwimmsports dürfen zwei Athletinnen im Wettkampf einen Bikini tragen. Das billigte der Weltverband FINA, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß die zweiteiligen Kleidungsstücke seiner „Regel GR 6 und dem moralischen Geschmack“ entsprechen. Aber wen interessiert das schon am Tag des Groß(en)-Staffelsieges. Dem reichte schon immer eine Badehose. bossi