piwik no script img

Über Flieger

■ Albrecht Fliegers »Probabilitäten« im Kunst Büro Berlin

Selten ist die Möglichkeit der Probabilität von Kunst, das heißt ihrer Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit, nachzufragen. Fliegers Ausstellungstitel verspricht es, doch die ausgeführte Installation gerät zu einer Farce, die für künstlerische Praxis heute repräsentativ ist, gerade da ihre Plausibilität so wenig glaubwürdig erscheint.

Man betritt einen weißgekalkten Ausstellungsraum, an dem nur eine Hinweistafel auf den künstlerischen Anspruch aufmerksam macht. Die sorgfältig montierten, taubeneigroßen Plastikmodule, die in Abständen von 75 Zentimetern Wände und Fenster schmücken, könnte man glatt übersehen, gäbe es nicht die Erläuterung, daß sie die Spur von Raupenfahrzeugen markieren. Die Ratlosigkeit bleibt, und die BetrachterIn kann zu einer ausgelegten Info-Mape greifen, in der das Konzept von Fliegers Arbeiten erläutert wird: »Kunst vermag heute keine einmaligen Erlebnisse oder neuen Erkenntnisse mehr zu vermitteln« (Elfi Kreis).

Wem Kunst so erscheint, dem können vielleicht die Spuren der Planierraupen als Bild für die Zerstörung von Welt gelten, der auch Kunst auszusetzen ist: Flieger ein Kamikaze-Pilot der letzten Avantgarde. Diese wenig überzeugende Intention aber wäre nur zu akzeptieren, gäbe es nicht zu allem Überfluß ein einziges Bild, das wie ein bedrohter Rest der Kunst sich von den kahlen Wänden abhebt. Die gemalte Parklandschaft mit Wald und Landhaus repräsentiert weder eine Gegenwelt des künstlerischen Ausdrucks, noch provoziert sie Kritik an der aktuellen Politik der planierten Gesellschaft.

Dafür aber stimmen die Preise der Kunst- Aktion. Der finanzkräftige Betrachter darf für das Six-Pack Module 1800.- DM zurücklassen und sich an der weltweiten Verbreiterung der Fliegerschen Probabilitäten beteiligen. Wie wahrscheinlich diese ist, soll sich jeder nach der oben abgebildeten Formel selbst ausrechnen. tojos

Der Ausstellungsraum ist nur noch an diesem Wochenende von 14 bis 18 Uhr in der Skalitzer Straße 33 (Hinterhof) zu sehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen