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Party für einen »bewaffneten Haufen«

■ Sammeldisco für die Wagenburg im S036

Wer erinnert sich noch an den 20.4. 1989 in Kreuzberg? Während Unverbesserliche Hitler an dessem hundertsten Geburtstag wieder hochleben lassen wollten, indem sie Andersdenkenden Prügel zuteil werden lassen wollten, machte sich im Kreuzberger Kiez solange der Unmut breit, bis die grünen Wannen anrollten.

Die Polizei zog alle Register und stellte ihre Kleinkriegsführungskunst be(ein)drückend unter Beweis. Zielsicher wie im Fernsehen, erspähten die Hüter der Ordnung den Gefahrenherd, die Wurzel des Übels schlechthin: Die Wagenburg, die seit fünf Jahren am Mariannenplatz zu finden ist.

Als die vermeintlichen Übeltäter am Boden lagen, wurde die Wagenburg duchsucht und die dreizehn Schlimmsten der Üblen abgeführt. Ihre Anklage lautet: »Bildung eines bewaffneten Haufens.« Es scheint, als ob auch die Justiz in diesem Falle der Polizei in Eifer um nichts nachstehen will. Der kommt den dreizehn Betroffenen teuer zu stehen: Über die Prozeß- und Anwaltskosten können sie gar nicht lachen.

Deswegen findet heute Abend im SO36 eine Soli-Disco statt.

Soli-hier, solidar. Auf jeden Fall brauchen die Wagenburgler nicht wie sonst mit der Büchse in der Hand öffentlichkeitsarbeitend von Kneipe zu Kneipe zu sammeln, sondern verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen. Es wird gefeiert. Verschiedene DJ's aus dem Kiez sorgen für die Musik, Kreuzbergfilme werden auf der Leinwand flimmern, und das Bier wird in Strömen fließen.

Wenn es gut wird und der Rubel rollt, dann heißt es in Zukunft: Wer erinnert sich noch an den 11.1.1991 in Kreuzberg? Attila Weidemann

ab 22 Uhr im SO36, Oranienstraße, Ecke Heinrichsplatz

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