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Jordanien sieht Schuld bei Bush

Parlamentssprecher des Königreichs bezweifelt den Willen des US-Präsidenten zu politischer Lösung  ■ Aus Amman Leila Burhani

„Die Gespräche der letzten Chance gescheitert“ — „Die Golfkrise droht zu explodieren“, so lauten die Überschriften der jordanischen Tageszeitungen am Morgen nach dem Treffen zwischen Baker und Aziz.

„In Wirklichkeit wollten die Amerikaner keine friedliche Lösung der Golfkrise“, meint Abdel-Latif Arabiat, jordanischer Parlamentssprecher. „Schon die Forderung nach bedingungslosem Rückzug aus Kuwait war in Wirklichkeit eine Option für den Krieg.“ Jetzt hofft Arabiat, daß Europäer und Blockfreie Washington und Bagdad doch noch an den Verhandlungstisch bringen.

„Durch unsere Gespräche mit der politischen Führung des Irak wissen wir, daß Bagdad bereit ist zu verhandeln, aber unter der Bedingung, daß für alle Krisen der Region eine Lösung gefunden wird“, sagt Azmy Khawaja, Präsident der Demokratischen Volkseinheit Jordaniens. „Bush hatte doch gar kein ernsthaftes Interesse an Verhandlungen. Er wollte doch nur dem kriegsmüden Kongress und der Bevölkerung Sand in die Augen streuen. Er trägt die Verantwortung, falls die ganze Region wie ein Pulverfaß explodiert.“

Nicht die Araber hätten Angst vor einer friedlichen Lösung, sondern Israel und mit ihm Baker und Bush, schreibt die Tageszeitung 'Rai‘ unter dem Titel „Wacht auf, ihr Araber und Moslems!“ Unter dem Banner des internationalen Rechts versuchten sie, die arabische Front zu spalten, wo doch das Völkerrecht seine größte Niederlage in Palästina erfahren habe. Es sei für die Araber an der Zeit, den „machtgierigen, ungebetenen Gästen“ in der Region die Fäden aus der Hand zu nehmen.

Das Treffen der arabischen Botschafter in Paris unter Einschluß der Vertreter Iraks und Kuwaits zur Beratung der französischen Golf-Initiative sei ein ermutigendes Zeichen.

Die „Dustur“ lobt die irakische Verhandlungsführung in Genf. So wie die irakische Armee verdiene auch die irakische Diplomatie den Respekt der arabischen Völker. Unsere Söhne und Töchter hätten sich daran gewöhnt, die arabischen Politiker vor den Amerikanern auf die Knie fallen zu sehen.

Die Jordanier haben Angst, daß israelische Truppen bei einem Krieg am Golf den Jordan überqueren und massenhaft Palästinenser aus den besetzten Gebieten vertreiben werden. „Wir müssen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten, auch auf den Krieg“, sagt ein Sprecher der Moslembrüderschaft, die seit Anfang des Jahres an der Regierung beteiligt ist. „Wenn es zum Krieg kommt, wird es ein Krieg aller Moslems und Araber gegen Amerika und Israel. Wir haben die Leute aufgefordert, den Volksmilizen beizutreten und Bunker anzulegen. Denn Israel wird sich am Krieg beteiligen und wir haben die längsten Grenzen zu Israel.

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