piwik no script img

„Die Stunde des Dschihad“ naht

■ Konkurrierende moslemische Gelehrtenrunden tagen

Mekka/Bagdad (dpa) — Moslemgelehrte unterschiedlicher politischer Richtung beraten in getrennten Konferenzen in Mekka und Bagdad über die Golfkrise. In Mekka begann eine Sitzung des Exekutivkomitees des Islamischen Volkskongresses, während eine vom Irak initiierte Konferenz ihre dreitägigen Beratungen in Bagdad aufnahm. Den Konferenzen geht es nach Ansicht von Beobachtern im Kern darum, die jeweilige Position der Parteien im Golfkonflikt zu unterstützen, auf deren Seite sie angetreten sind. Sie machen zugleich die Spaltung unter islamischen Gelehrten angesichts der Krise deutlich.

Bei der Tagung in der heiligen Stadt Mekka geht es nach Angaben der saudischen Nachrichtenagentur darum, den „aggressiven und expansionistischen Plänen“ Bagdads zu begegnen. Im Mittelpunkt der Kritik stehe die Behauptung des Iraks, ein möglicher Kampf gegen die multinationalen Streitkräfte am Golf käme einem „Heiligen Krieg“ („Dschihad“) gleich. Nach Angaben aus Ägypten und aus Golfstaaten hatten zahlreiche Gelehrte die Teilnahme in Bagdad abgesagt.

Mehrere Teilnehmer der Islamischen Volkskonferenz in Bagdad haben mit Terrorangriffen gegen amerikanische Vertretungen gewarnt, sollte es zu einem Krieg am Golf kommen. Wie ein Führer der „Islamischen Heilsfront“ in Algerien, Aboul Amine Ben Azzouz Zebda, in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit der irakischen Regierungszeitung 'Al-Jumhuriya‘ berichtete, hat seine Bewegung die US- Botschaft in Algier vor Anschlägen gewarnt. Gleichzeitig seien alle Mitglieder der Heilsfront mobilisiert worden.

Nach den Worten des jordanischen Ministers für religiöse Angelegenheiten, des Fundamentalisten Ibrahim Seid el Kilani, nähert sich „die Stunde des Dschihad“. Im Falle einer „Aggression gegen den Irak“ seien „alle Moslems in aller Welt zur Zerstörung amerikanischer Interessen bereit“.

Der Präsident des Palästinensischen Nationalrats (Exilparlament), Scheich Abdelhamid el Saeh, versicherte seinerseits in der irakischen Presse, daß die Palästinenser innerhalb der irakischen Armee gegen die multinationalen Streitkräfte mitkämpfen werden. Im Falle einer „Aggression wird die Welt Schauplatz von Operationen gegen amerikanische Interessen sein“.

Dagegen kündigte der Außenminister der PLO, Faruk Kaddoumi, an, seine Organisation werde versuchen, ein Treffen der arabischen Länder zu organisieren, um doch noch zu einer friedlichen Lösung zu kommen. Kaddoumi bekräftigte außerdem seine Überzeugung, daß auch der Irak eine friedliche Lösung und einen Kompromiß bevorzuge.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen