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Perez fliegt nach Bagdad

■ Der UNO-Generalsekretär wird am Samstag in Bagdad erwartet/ Kaum noch Chancen für eine friedliche Lösung vor dem 15. Januar

Genf/New York/Paris (afp) — UN- Generalsekretär Javier Perez de Cuellar wird zu einer Friedensmission im Golfkonflikt zu Gesprächen nach Bagdad reisen. Nach dem gescheiterten irakisch-amerikanischen Außenministertreffen am Mittwoch in Genf gab es in diplomatischen Kreisen jedoch wenig Hoffnung, daß in der kurzen Frist bis Dienstag, wenn das UN-Ultimatum gegen den Irak abläuft, noch eine friedliche Lösung gefunden werden kann. Der Bewegungsspielraum des UN-Generalsekretärs in Bagdad wird als sehr gering eingeschätzt, da er nicht offiziell mit Verhandlungen beauftragt wurde und der Irak sich unnachgiebig zeigt. Gespräche der Europäischen Gemeinschaft mit dem Irak vor Ablauf des UN-Ultimatums werden vermutlich nicht mehr zustande kommen.

Perez de Cuellar wird am Freitag morgen in Genf eintreffen, von wo aus er am Abend zu einem Vermittlungsversuch „in letzter Minute“ in den Irak weiterreisen will. Nachdem das Treffen von US-Außenminister Baker und seinem irakischen Kollegen Tarik Asis in Genf gescheitert war, hatte Perez de Cuellar in New York diese Reise angekündigt. Es sei seine „Pflicht als Generalsekretär einer Organisation, die dem Frieden verpflichtet ist, alles zu tun, um einen Krieg vermeiden zu helfen“, sagte Perez de Cuellar nach getrennten Gesprächen mit dem UN-Botschafter der USA, des Iraks und Kuwaits. Seine Mission sehe er „nicht als letzte Chance“ an.

Obwohl sich Bonner und europäische Politiker noch am Donnerstag für eine europäische Friedensinitiative aussprachen, scheint ein Treffen der EG mit Asis unwahrscheinlich. Nachdem der irakische Außenminister am Mittwoch abend ein erneutes Angebot für ein Treffen in Algier abgelehnt hatte, erklärte der Außenminister Luxemburgs, Jacques Poos, am Donnerstag in einem Interview mit Radio Luxemburg: „Mit den Irakern ist ein Dialog nicht möglich.“ Poos, dessen Land am 1. Januar turnusgemäß für sechs Monate die EG- Ratspräsidentschaft übernommen hat, sagte, er habe jetzt nur noch wenig Hoffnung auf einen Kontakt mit dem Irak. Wenig Hoffnung setzte Poos auch auf die Bagdad-Reise von Perez de Cuellar.

Nur Vermutungen wurden über die Gespräche angestellt, die der algerische Außenminister Sid Ahmed Ghozali Donnerstag nacht im UNO- Gebäude in Genf führte. Er konferierte dort mit dem Vertrauten von PLO-Chef Arafat, Faruk Kaddumi. Beide hatten versichert, daß der Irak zu echten Verhandlungen bereit sei. Kaddumi ist der Meinung, daß die EG und Frankreich als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats versuchen sollten, Washington zu Konzessionen zu bewegen, mit denen ein Kriegsausbruch noch verhindert werden kann.

Der französische Verteidigungsminister Jean-Pierre Chevenement forderte am Donnerstag die USA auf, „eine sehr kleine Geste zu machen, die Saddam Hussein eine sehr viel größere Geste erlaubt und ihm den Truppenabzug aus Kuwait ermöglicht“. Der französische Staatspräsident Francois Mitterrand hatte am Mittwoch abend auf seiner als enttäuschend bewerteten Pressekonferenz die französische Öffentlichkeit auf einen Krieg im Golf vorbereitet. Der Staatschef zeigte sich entschlossen, „die Verantwortung zu übernehmen“, Frankreich an einem eventuellen Konflikt zu beteiligen. Frankreich müsse „seiner Aufgaben als Großmacht würdig“ sein und könne bei den Vorgängen in diesem Teil der Welt „nicht abwesend“ sein.

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