: Dreh Dich, dreh Dich im Kreise
■ Sechs Tage radeln 24 Männer durch eine Halle / Fotoreportage von Jörg Oberheide
Über die Psyche des Sechstagerenners wissen wir wenig. Da tappen wir ganz im Dunkeln.
Was geht vor in der Seele des unseligen Mannes, der, Planet geworden, eine Ewigkeit von sechs Tagen und sechs Nächten lang, immer wieder und wieder die vorgeschriebene Reise rundum tut? Denkt er an sein fernes oder nahes Lieb?
Ist ihm bitter zumute, philosophisch oder gar nicht? Wenn die Rufe der Zuschauer ihn hetzen, gibt sein Herz stumm die einzig passende volkstümlich-rauhe Antort oder murmeln seine Lippen sie in artikulierten Worten vor sich hin? Verwirren sich ihm nicht die Tage und Tageszeiten? Ach, indes er „heute!“ fühlt, ist es schon morgen oder noch gestern, und ohne daß es es merkt, wird Tag von Nacht, Nacht vom Tage überrundet.
Aus Alfred Polgar — Kleine Schriften
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen