: Jährlich sterben in Mexiko über 200.000 Frauen bei Abtreibungen
Mexiko-Stadt (afp) — Seitdem vor zwei Wochen im mexikanischen Bundesstaat Chiapas Abtreibungen legalisiert wurden — zum ersten Mal im katholischen Mexiko — ist eine heftige Abtreibungsdiskussion entbrannt. Erstmals wurden jetzt genaue Zahlen zu den außerhalb Chiapas weiterhin verbotenen Schwangerschaftsabbrüchen bekannt. Der Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, Hector Ramirez, erklärte auf einer Pressekonferenz, jedes Jahr würden etwa zwei Millionen Mexikanerinnen abtreiben. 76 Prozent befänden sich in schwerer wirtschaftlicher Not. Fachleute schätzen, daß jährlich über 200.000 Frauen an den Folgen einer Abtreibung sterben. Nach Angaben der Sozialversicherungen mußten 1989 180.000 Frauen nach verpfuschten Abtreibungen in staatliche Krankenhäuser eingewiesen werden. Die privaten Krankenhäuser berichten von 600.000 Fällen.
Nach Ansicht des Chefs der Krankenhausvereinigung, Roberto Alarcon, wird in den kommenden Jahren die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche auf über drei Millionen ansteigen. Wegen miserabler hygienischer Zustände würden von diesen Frauen mindestens 15 Prozent verbluten oder an Infektionen sterben.
Auf Druck der Kirche hat das Regionalparlament von Chiapas nun die Erlaubnis für von Ärzten vorgenommene Abtreibungen wieder außer Kraft gesetzt. Der Bischof in Chiapas kämpft erbittert gegen eine erneute Freigabe der Abtreibung. Er spricht von einem „Markt des Todes“ und vergleicht die Befürworter eines liberalen Abtreibungsgesetzes mit den irakischen Militärs, die die Welt in einen Krieg stürzen würden.
Die regierende „Partei der Institutionalisierten Revolution“ (PRI) äußert sich zur Frage der Abtreibung nicht. Bürgerrechtsgruppen dagegen fordern die landesweite Freigabe der Abtreibung. „Wir müssen zu einer Situation kommen, daß Frauen ihre Schwangerschaft abbrechen können, ohne dabei ihr Leben aufs Spiel zu setzen“, sagt die Schriftstellerin Angeles Mastretta.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen