: Gibt es einen UN-Friedensplan?
EG will Perez de Cuellar bei Friedensbemühungen voll unterstützen/ Unterschiedliche Informationen über Perez' Reisegepäck/ Portugiesischer Außenminister spricht von Fünfpunkteplan ■ Aus Genf Andreas Zumach
Die EG hat ihre „volle Unterstützung“ für die Vermittlungsbemühungen von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar in der Golfkrise erklärt. Nach einem Treffen der EG- Außenminister mit de Cuellar in Genf — von dort flog der Generalsekretär am Nachmittag zu seiner Begegnung mit Saddam Hussein nach Bagdad weiter — äußerten sich die Außenminister allerdings in unterschiedlicher Detailliertheit zu den Inhalten eines möglichen Kompromißpakets. Hussein dementierte unterdessen Berichte, er sei zu einem freiwilligen Rückzug seiner Truppen nach dem 15. Januar bereit.
Nach der anderthalbstündigen Begegnung mit den Außenministern, zu der der in der Golfregion weilende Brite John Hurd seinen Stellvertreter geschickt hatte, äußerte sich de Cuellar „sehr zufrieden über die starke Ermutigung“ durch die EG. Der amtierende EG-Ratspräsident, Luxemburgs Außenminister Jaques Poos, sowie Bundesaußenminister Genscher erklärten, die EG werde „alles in ihren Kräften stehende tun für eine friedliche Lösung der Golfkrise auf Grundlage der gültigen UNO-Resolutionen“.
Beide verwiesen außerdem auf die Erklärungen der Außenministertagung vom 4. Januar sowie vom EG- Gipfeltreffen Mitte Dezember in Rom, in denen die Notwendigkeit auch zur Lösung der anderen Probleme in der Nahostregion betont wird. „Sobald die aktuelle Golfkrise gelöst ist“, so Genscher gestern, werde die EG dazu „einen aktiven Beitrag leisten“. Es liege „allein an Saddam Hussein, mit einem Rückzug aus dem Irak den Weg zu einer Nahostkonferenz freizumachen“.
Während Genscher lediglich darauf hinwies, daß de Cuellar erwäge, UNO-Friedenstruppen zum Golf zu entsenden, erklärte der portugiesische Außenminister, der UNO-Generalsekretär fahre mit einem konkreten Fünfpunkteplan zu Saddam Hussein. Dieser beinhalte
1. den Rückzug Iraks aus Kuwait
2. den Rückzug der gegen Irak in Stellung gebrachten multinationalen Streitkräfte
3. die Entsendung von UNO-Beobachtern während der Rückzugsphasen sowie von UNO-Soldaten nach vollzogenen Rückzügen
4. beiderseitige Nichtangriffs- und Gewaltverzichtsgarantien und
5. die Vereinbarung, spätestens ein Jahr nach Beendigung des Rückzugs mit einer Konferenz zur Lösung der anderen Probleme der Region zu beginnen.
De Cuellar erklärte allerdings sowohl vor wie nach dem Treffen mit den EG-Ministern, er habe keinen konkreten Vorschlag in der Tasche. Er wolle mit Saddam Hussein verschiedene Szenarien erörtern. Eine eigene Initiative will die EG zunächst nicht ergreifen. Das Ergebnis der Gespräche de Cuellars mit Saddam solle abgewartet werden. Welche EG-Schritte im Falle eines Scheitern denkbar seien, dazu wollte sich gestern nur Ratspräsident Poos äußern. Möglicherweise werde sich die EG dann um eine Begegnung mit Hussein bemühen, erklärte er. Ob es zu dem von der EG vorgeschlagenen Treffen mit Iraks Außenminister Asis in Algier kommt, war bis Redaktionsschluß noch offen. Genscher erklärte, aus Bagdad liege noch „keine verbindliche Antwort vor“. Das Angebot bleibe auf dem Tisch.
Der Bundesaußenminister wies Vermutungen zurück, es gebe Unstimmigkeiten wegen der nationalen Vermittlungsversuche Frankreichs in der Golfkrise. Er befinde sich mit seinem Amtskollegen Dumas in „voller Übereinstimmung“. Vor Beginn der vor dem Treffen mit de Cuellar stattfindenden internen Sitzung der EG-Außenminister wurde aus deutschen Diplomatenkreisen allerdings ein gewisses Befremden darüber geäußert, daß die beiden Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates Frankreich und Großbritannien nicht mit ihren Außenministern bei dieser Sitzung vertreten waren. Dumas war erst mit de Cuellar aus Paris gekommen. Hier hatte der UNO-Generalsekretär am Morgen einen Zwischenstopp auf dem Weg von New York nach Genf eingelegt und mit Staatspräsident Mitterrand über die Golfkrise konferiert. Aus der internen Sitzung der EG-Außenminister wurde außerdem bekannt, daß der dänische Außenminister lautstarke Kritik an „französischen Alleingängen“ geübt habe.
Iraks Staatschef Saddam Hussein will nach Informationen arabischer Diplomaten kurz nach Ablauf des UNO-Ultimatums am 15. Januar die „prinzipielle“ Absicht erklären, seine Truppen aus Kuwait abzuziehen. Ihnen sei gesagt worden, Saddam werde gleichzeitig eine Nahostkonferenz fordern, auf der die Palästinenserfrage angesprochen werden könne, zitierte die renommierte 'New York Times‘ am Freitag ferner die arabischen Diplomaten. Der Bericht wurde umgehend von Bagdad dementiert. Der irakische Staatschef wolle mit seiner Initiative ein oder zwei Tage nach dem 15. Januar warten, um zu zeigen, daß er sich nicht einschüchtern lasse. Er werde internationale Garantien suchen, daß der Irak nicht angegriffen werde und Verhandlungen vorschlagen, in denen die Probleme zwischen dem Irak und Kuwait diskutiert werden können, hieß es in der 'New York Times‘ weiter.
Die von der Zeitung zitierten Diplomaten aus arabischen Staaten, die mit den USA gegen den Irak verbündet sind, erhielten die Informationen eigenen Angaben zufolge von Quellen aus Jordanien, Algerien und dem Jemen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen