Standbild: Computer-Kauderwelsch

■ "Der Medienfreak" ein Lust-Film, West 3, Freitag, 20.45 Uhr

Der Fernsehzuschauer sieht vor allem, was er sehen will. Die Abstimmung per Fernbedienung — seine Entscheidung. Aber stimmt eigentlich dieses Axiom des Fernsehers noch? Ist der TV-Benutzer nicht vielmehr einer Programmflut ausgesetzt, die ihm statt der Wahl nur noch Qual bringt und ihn dem ständigen Druck aussetzt, auf dem anderen Kanal etwas Wesentliches zu verpassen? Letzendlich ist das Alltagsritual vor der Kiste nichts anders als die Geschichte einer Sucht, die Televisionär Heinrich Pachl erzählt.

Pachls Figur, der Medienfreak Schmitt, hat die geistige Vollverkabelung längst erreicht; morgens piepst der elektronische Wecker zum heutigen Spurt an den Computer, der gefüttert werden will. Selbst in der Straßenbahn tippt Helmut Schmitt einen Geschäftsbrief ins Labtop, die Fahrgäste müssen assistieren, indem sie den tragbaren Drucker halten. Und die in purem Zustand unzumutbare Realität läßt sich auf Video bannen und zu Hause der Freundin dann als Telebrief vorspielen.

Die Erkenntnis, daß uns die vielen kleinen elektronischen Helfer längst an die Kette genommen haben und statt Zeitersparnis vor allem Sklavendienste beim Programmierungs- Tohuwabohu verlangen, ist so neu nicht und vor allem nicht unumstritten. Es soll ja noch Leute geben, die sich im Medien-Dschungel zurechtfinden, ohne gleich beim Analytiker auf der Couch zu enden.

Bei ihnen wird Heinrich Pachl mit seiner Groteske schwerlich landen, und den anderen, den technischen Kapriolen weniger Aufgeschlossenen, konnte der kommunikationssüchtige Clown auch nur wenig mehr bieten als Kabelsalat und Computer- Kauderwelsch.

Vollends absurd geriet der „Lust- Film“ immer dann, wenn Heinrich Pachl den satirischen Streifzug durch die Medienwelt mit halbdokumentarischen Sequenzen vermischte. Der in der Kölner Szene bekannte Kabarettist und Schauspieler hatte schon für politische Magazine wie „SternTV“ und „ZAK“ mit dieser Methode gearbeitet, indem er Leute von der Straße in Rollenspiele verwickelte. Was in der Kurzform der Realsatire erkennbar bleibt, ist im Medienfreak bis zur Unkenntlichkeit vermischt.

Pachl kritisiert einen Zustand, den er selbst unaufhörlich inszeniert: die Vermischung von Realität und Medialität, die permanente Simulation von Wirklichkeit, der Angeriff der „Live“-Haftigkeit auf die Authentizität. Die Manipulation der Medien, hier geschieht sie in Reinkultur. Wahrscheinlich wird der Autor sagen: eben das war meine Absicht.

Um diese jedoch zu durchschauen, muß der Zuschauer einen hohen Grad an Abstraktionsvermögen mitbringen und die Mechanismen der Tele-Visionen durchschauen können. Ein Film von einem Medienfreak für Medienfreaks. Die anderen müssen wieder mal dumm sterben.Christof Boy