piwik no script img

USA sondieren für den Kriegsfall

Die antiirakische Koalition soll zusammengehalten werden/ Niedriges Profil Israels gewünscht  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Unter strikter Geheimhaltung verhandelte der stellvertretende amerikanische Außenminister Lawrence Eagleburger am Wochenende in Jerusalem mit führenden israelischen Politikern über die Koordination zwischen beiden Staaten für den Falle eines Krieges am Golf. Eagleburger, der Samstag mit Ministerpräsident Jizchak Schamir zusammentraf, wurde vom stellvertretenden US-Verteidigungsminister Paul Wolowitz und Konteradmiral Merrill Ruck begleitet. Am Sonntag traf die US-Delegation mit Verteidigungsminister Mosche Arens und Außenminister David Levy zusammen. In einer offensichtlichen Arbeitsteilung setzte der amerikanische Außenminister James Baker unterdessen seine Tour durch arabische Staaten fort.

Ein Thema der amerikanisch-israelischen Gespräche dürfte der Wunsch der USA sein, daß Israel sein bisheriges niedriges Profil in der Golfkrise auch im Falle eines irakischen Angriffs beibehält. Mehrere israelische Politiker äußerten sich in den letzten Tagen in Interviews zu diesem Thema. Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Verteidiungs- und Außenpolitik, Eliahu Ben- Elisar, meinte am Sonntag im Rundfunk: „Wir können die Verteidigung unseres Landes nicht anderen überlassen.“ Bereits am Freitag sandte Levy eine Botschaft an die EG, in der die Regierung ihr Recht auf Selbstverteidigung bekräftigte.

Die USA wollen einerseits vermeiden, daß sich ein Golfkrieg in einen israelisch-arabischen verwandelt, und andererseits, daß die gegenwärtige gemeinsame Front der USA vor allem mit Ägypten, Syrien und den Golfstaaten durch einen „falschen“ israelischen Zug torpediert wird. Gleichzeitig geht es auch darum, Israel zu schützen und das israelische Potential für die weiteren von den USA geplanten strategisch- politischen Schritte in der Region — sprich: eine Neuordnung unter amerikanischer Kontrolle — zu nutzen. Für eine erste Kriegsphase möchten die USA dortigen Quellen zufolge am liebsten Israel ganz aus dem Konflikt heraushalten und die Jerusalemer Regierung dazu überreden, die Reaktion auf einen irakischen Raketenangriff der US-Luftwaffe zu überlassen. So könnten sich die USA beispielsweise verpflichten, die irakischen Raketenstützpunkte westlich von Bagdad, die Israel bedrohen, gleich zu Beginn eines Krieges zu zerstören, damit die Koalition mit den arabischen Staaten nicht zerbricht. Gleichzeitig hat sich Baker auf seiner Reise durch die arabischen Staaten um weitere Unterstützung auch für den Fall bemüht, daß Israel nach einem irakischen Angriff in den Krieg eintritt. In den Golfstaaten und auch in Ägypten soll das dem amerikanischen Außenminister auch gelungen sein. Nach einem ungewöhnlichen Appell des syrischen Staatschefs Hafis el-Assad an Saddam Hussein, aus Kuwait abzuziehen, richtete Außenminister Faruk Al Sharaa am Samstag zum Abschluß des Baker-Besuchs in Damaskus jedoch eine klare Warnung an Israel, sich in keiner Weise in die Golfkrise einzumischen. Syrien werde sich auf die Seite jedes arabischen Landes stellen, das von Israel angegriffen werde, versicherte Al Sharaa.

Anders auf bei früheren Nahost- Kriegen muß die israelische Führung diesmal mit einer Front im Inneren rechnen. Die Presse berichtet über angebliche Vorbereitungen von Palästinensern in den besetzten Gebieten für den Guerillakampf. Die fundamentalistische Hamas-Bewegung rief am Samstag in einem Kommuniqué zum Heiligen Krieg gegen die antiirakische Koalition und zu einer „Eskalation der Gewalt gegen Israel“ auf. Die Untergrundführung der PLO hat bislang ungeachtet der Sympathien für Saddam Hussein unter der Bevölkerung keine derartigen Stellungnahmen abgegeben. Faisal Husseini, ein Palästinenserführer aus Jerusalem, hat jedoch gemeinsam mit anderen einen Aufruf an alle „friedliebenden Kräfte der Welt“ herausgegeben, in dem gefordert wird, alles für die Verhinderung eines Krieges zu tun. Zugleich wird angesichts israelischer Pläne, die Palästinenser im Falle eines Krieges zu vertreiben, ein wirksamer internationaler Schutz gefordert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen