: Die Südseeklinik
■ „Insel der Träume“, Sa., 19.30 Uhr, ZDF
Na ja, was hatte ich schon erwartet? Den üblichen Blödsinn à la Lindenstraße natürlich. Irgend etwas in der Art. Nur halt mit Psychozeigefinger Richtung Hausfrauen und Sachbearbeiter. Doch es kam anders.
Mit Hilfe von drei unsäglich schlechten Schauspielern, einer hundsdummen Geschichte und der durchaus einschläfernden Regie von Hans-Jürgen Tögel entstand die erste von leider weiteren elf Folgen purer TV-Diarrhoe. Jeder alte Heimatfilm ist dagegen ein knallharter und hochintelligenter Action-Thriller, der einen vor Spannung an den Sessel nagelt.
Auf unserer überstreng nach einer Mischung aus Cliff, Bacardi und Bounty riechenden Insel der Träume lebt in einer prächtigen, weißen Villa ein Herr Sartorius (!) in einem stets weißen Anzug, mit schneeweißem Haupt- und ebensolchem Barthaar. Er schreibt natürlich hochwichtige Bücher und hat eine blitzsaubere Tochter, die bestimmt (Südseeinsel) so eine Art Blumenfachfrau ist. Er ist ein Psycho-Doc. Dazu benutzt er die Tatsache, daß er wie Freud aussieht und einen Wasserfall. Ehrlich!
Und da kommt ja auch schon eine gestörte Mutter mit ihrer noch nicht ganz gestörten zwölfjährigen Tochter auf die Insel geschippert. Willkommen in der Südseeklinik! Das Mädel wird mit einem Schnellkurs in Botanik pädagogisch vollwertig abgelenkt, derweil Herr Sartorius und der Wasserfall das Unvermeidliche tun: Heilen!
In den Wasserfall kann man nämlich gedanklich „eintauchen“. Er birgt — intellektueller Clou und Zentrum des 45minütigen Unfalls — „verschüttete und wiedergefundene Gedanken“. Und, hui, taucht Mutti ein. Sie erledigt ihr Problem, indem sie ihre viele, schluchz, viele Jahre verschwundene Tochter aus erster Ehe im „Männerland“ Mexiko trifft, und erfährt, es gehe ihr voll gut, „Mutta“.
Klar, daß die Mama psychisch total korrekt wieder „auftaucht“, denn das ist ja wichtig. Schließlich muß sie als gute Mutti in der ersten Reihe noch schnell pädagogisch besonders Wertvolles in die Kamera faseln, damit das gute Kind noch in der Sendung wieder die volle Ausgeglichenheit ist. Ganz, ganz glückliche Menschen verlassen daraufhin die Insel, und Herr Sartorius lächelt zum Abschied noch freudlich und winkt; und ich sehe auf die Uhr, weil ich diesen zähflüssigen Mist einfach nicht mehr ertragen will und sowieso gleich Louis de Funès kommt. Wenn man bedenkt, daß die Serie an „Originalschauplätzen“ gedreht wurde und demnach eine Unmenge Knete gekostet haben muß, zieht's einem ja schon die Fußnägel hoch. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur 'dpa‘ sollen elf Millionen Menschen der Peinlichkeit zugesehen haben. Da kann man nur hoffen, daß es nächsten Samstag elf Millionen weniger sind. Philippe André
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