: Diplomaten am Ende ihrer Weisheit
■ Nachdem die Reise von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar nach Bagdad kein Einlenken des Iraks brachte, sehen auch die EG-Außenminister keine Chance mehr zu einer diplomatischen Lösung
Bagdad/Paris (dpa/ap/taz) — Einen Tag vor dem Ablauf des UNO- Ultimatums an den Irak gab es kaum noch Hoffnung, daß ein Krieg am Golf vermieden werden kann. Nachdem die Reise des UNO-Generalsekretärs Perez de Cuellar nach Bagdad ohne Ergebnis geblieben war, starteten auch die EG-Außenminister keine neue Initiative für eine diplomatische Beilegung der Krise in letzter Minute.
Perez de Cuellar hatte am Morgen nach einem Gespräch mit Frankreichs Staatspräsident Mitterrand zugegeben: „Ich will Ihnen nicht verhehlen, daß ich keine Fortschritte in Bagdad erzielt habe. Bedauerlicherweise sehe ich am Ende meiner Reise keinen Grund, optimistisch zu sein.“ Er glaube auch nicht, daß „noch Platz für eine diplomatische Demarche“ sei. Einzelinitiativen bestimmter Persönlichkeiten „ohne die Unterstützung irgendeiner Regierung“ wollte Perez aber nicht ausschließen.
Nach dem Scheitern der Mission von Perez verzichteten auch die in Brüssel versammelten EG-Außenminister auf einen Vorstoß in Bagdad. Die EG wolle zunächst die Sitzung des UNO-Sicherheitsrats abwarten, ehe sie weitere Entscheidungen treffe. Die EG-Außenminister berieten nach Angaben aus diplomatischen Kreisen vor allem über die Frage, ob eine Ministerdelegation der EG („Troika“) mit einer Reise nach Bagdad einen letzten Versuch zu einer friedlichen Beilegung des Golfkonflikts unternehmen wollte. Der EG-Ratspräsident und luxemburgische Außenminister Jacques Poos, der unmittelbar vor dem Treffen mit Perez de Cuellar in Paris zusammengekommen war, sprach sich jedoch gegen eine EG-Mission in Bagdad aus. Ein solches Unterfangen habe derzeit keinen Zweck.
Allerdings wurde aus Paris berichtet, daß der algerische Präsident ein zweites Mal nach Bagdad oder Riad reisen wolle. Radio Algier bestätigte die Absicht Bendjedids, damit „den Weg zum Frieden offenzuhalten“. Außerdem legte der jemenitische Präsident in der Hauptstadt seines Landes einen Friedensplan vor, den der Regierungschef des Jemens noch gestern der irakischen Führung in Bagdad unterbreiten wollte. Dieser Plan habe die Zustimmung „der USA und zahlreicher weiterer Länder“, sagte Präsident Saleh vor dem Parlament seines Landes. Er beinhaltet den Rückzug des Iraks aus Kuwait, die Stationierung arabischer und internationaler Streitkräfte in dem umstrittenen Gebiet und Bemühungen des UN-Sicherheitsrates, seine Resolutionen zum arabisch-israelischen Konflikt anzuwenden sowie eine internationale Nahost-Konferenz einzuberufen.
In Bagdad wurden derweil die Hoffnungen enttäuscht, daß Saddam Hussein eine Sitzung des Parlaments zum Vehikel für Konzessionen in letzter Minute nutzen könnte. Statt dessen unterstützte die irakische Nationalversammlung die Weigerung Saddams, Kuwait zu verlassen, und rief alle Araber und Moslems zum „Heiligen Krieg“ auf. Saddam Hussein hatte am Sonntag abend gesagt, daß, wenn es eine Friedensinitiative gebe, „sie von den Amerikanern kommen sollte, denn sie haben die Parole vom Krieg aufgegriffen“. Für Kuwait müßten seine Landsleute „leben und sterben und daran festhalten“. „Wir sind bereit“, sagte Iraks Parlamentssprecher Saleh der US- Fernsehgesellschaft CNN, als er auf die unmittelbare Kriegsgefahr angesprochen wurde. Auch Appellen aus aller Welt an Saddam — von Papst Johannes Paul II. in Rom ebenso wie von Bundeskanzler Kohl vor dem Bundestag — wurden von Diplomaten in der Region kaum noch Erfolgschancen eingeräumt.
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