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Golfkrieg vertieft Spaltung der arabischen Welt

■ Golfkooperationsrat begrüßt Angriff auf den Irak/ Die übrigen arabischen Nachbarstaaten reagieren nur zögernd/ Maghreb-Staaten versuchen, sich auf gemeinsame Linie gegen US-Angriff auf den Irak zu einigen

Amman/Algier (afp/dpa/adn/taz) Auf den Ausbruch des Krieges am Golf wurde in den arabischen Staaten sehr unterschiedlich reagiert. Die politische Spaltung der „arabischen Welt“ ist tief, viele arabische Regierungen hüllen sich in beredtes Schweigen. In Amman, Kairo und Damaskus wurden zwar Krisensitzungen angesetzt, aber bislang drang nur wenig an die Öffentlichkeit. Für die Golf-Staaten begrüßte der Golfkooperationsrat erwartungsgemäß den Angriff der USA auf den Irak.

Aus Syrien lag Stunden nach Beginn des Golfkrieges noch immer keine öffentliche Stellungnahme der Regierung vor. Die staatliche Nachrichtenagentur 'Sana‘ gab lediglich kurz den Beginn der Kampfhandlungen bekannt. Syrien hat sich am Truppenaufbau gegen den Irak beteiligt. Doch am Tag vor Kriegsbeginn erklärte der syrische Informationsminister Salmane, die in Saudi-Arabien stationierten syrischen Einheiten würden sich nicht an einem Angriff auf den Irak beteiligen.

Bislang unbestätigten Berichten zufolge wurden syrische Truppen an der Südgrenze Syriens unweit der israelisch besetzten Golan-Höhen konzentriert. Israel soll damit vor einer Einmischung in die Kämpfe und einem Einmarsch in Jordanien gewarnt werden.

Aus Angst vor einer möglichen Verwicklung Israels in den bevorstehenden Krieg hatte Jordanien bereits am Mittwoch seine Reservisten einberufen. Die Jordanier hatten seit Ausbruch der Krise eine neutrale Position eingenommen, sich am Embargo gegen den Irak aber beteiligt. Sie müssen nun befürchten, daß ihr Land in den Krieg hineingezogen wird. In einer offiziellen Erklärung wurde gestern mittag der Beginn der Kämpfe als „ein brutaler Angriff auf ein arabisches moslemisches Land und Volk“ verurteilt. Gestern kam es in Amman zu Antikriegsdemonstrationen, die vor allem zur ägyptischen Botschaft zogen.

In der ägyptischen Hauptstadt Kairo bot sich am Morgen nach Kriegsbeginn hingegen ein widersprüchliches Bild: Feststimmung bei den exilierten Kuwaitis in den Kairoer Hotels, während die Ägypter den Fortgang der Kämpfe in Kuwait und Irak fasziniert und ängstlich zugleich beobachteten. Man rechnet damit, daß spätestens in zwei Tagen Bodentruppen gegen den Irak eingesetzt werden — und das heißt: ägyptische Soldaten. Ein Viertel der ägyptischen Armee ist als Teil der multinationalen Streitkräfte am Golf stationiert. Außerdem sitzen derzeit immerhin 50.000 ägyptische Flüchtlinge an der syrisch-irakischen Grenze fest. Die Streitkräfte in Ägypten wurden in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

Für die Regierung Mubarak gab Außenminister Butros Ghali gestern mittag die erwartete Erklärung ab: „Wir stehen hinter diesem Schritt zur Befreiung Kuwaits.“ Ziel der Kämpfe sei aber nicht die Zerstörung des Irak, erklärte der ägyptische Außenminister Abdel Meguid, und forderte den Irak erneut zum Rückzug aus Kuwait auf. Ihm vorliegende Informationen deuteten darauf hin, betonte er, daß es bei einem irakischen Einlenken immer noch Zeit gebe, schlimmeres zu vermeiden. Der ägyptische Militärexperte Murad Dessouqi erklärte, man rechne nicht mit Antikriegsunruhen in der Bevölkerung. Die seit Wochen gegen den Irak in der Presse und im Fernsehen vorgetragene Propaganda gegen den Irak habe ihre Wirkung nicht verfehlt, gab er ganz offen zu.

Mit großer Besorgnis haben Bevölkerung und Regierungen der Länder des arabischen Maghreb auf den Ausbruch des Krieges am Golf reagiert. Zwischen den fünf Maghreb- Staaten Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien gab es gestern rege Kontakte, um eine gemeinsame politische Linie gegen den Angriff der USA auf den Irak festzulegen. Während Marokko und Tunesien unentschlossen sind, stellen sich die Algerier immer mehr hinter den Irak. Libyen und Mauretanien plädierten für eine Truppenentsendung auf die Seite des Irak.

In Algerien sind gestern Jugendliche vor die französische Botschaft in Algier gezogen, um gegen den Überfall auf den Irak zu protestieren. Zuvor hatten sich Männer vor der irakischen Botschaft versammelt, um sich als Freiwillige für den Irak registrieren zu lassen. In mehreren Regionen des Landes sind Demonstrationen gegen den Krieg am Golf geplant.

Unverzüglich nach Bekanntwerden der militärischen Aktionen hatte Präsident Bendjedid eine Sondersitzung des Ministerrates einberufen. Die Armee wurde in Alarmbereitschaft versetzt, doch ist eine direkte Beteiligung Algeriens an den Kämpfen nicht zu erwarten.

Im benachbarten Tunesien waren in den frühen Morgenstunden Bewohner der Hauptstadt auf die Straße gegangen, um gegen den Überfall auf den Irak zu protestieren. Armee und Polizei haben den Schutz westlicher Botschaften und der diplomatischen Vertretungen von Kuwait und Saudi-Arabien übernommen. Die Regierung hat inzwischen an den UN-Sicherheitsrat appelliert, „dringend und energisch“ Maßnahmen zur Beendigung des Krieges am Golf zu ergreifen.

In Marokko wurde die Schließung aller Bildungseinrichtungen angeordnet. Vorgestern kam es in der Stadt Oujda zu proirakischen Demonstrationen, gegen die die Polizei jedoch sofort eingeschritten sein soll. Das Informationsministerium veröffentlichte zunächst keine Stellungnahme zum Ausbruch des Golfkrieges.

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