: Vorbild Tiergarten
■ Planungsrechtlicher Schutz gegen Mieterverdrängung ist möglich
Berlin. »Bis jetzt hat Berlin alle Probleme mit Geld gelöst«, meint Werner Orlowsky, ehemaliger Kreuzberger Baustadtrat. Wollte ein Hauseigentümer nicht so wie das Bezirksamt, wurde er mit anscheinend nie versiegender Staatsknete ruhiggestellt. Diese Zeiten sind vorbei, nicht nur wegen der Ebbe in der Staatskasse: Inzwischen lohnt es sich mehr, eigene Kohle zu investieren und nachher unbegrenzt abzuzocken.
Eine Schutzmöglichkeit für Mieter wäre die Milieuschutzverordnung. In einigen Tiergartener Altbaubereichen wurde so etwas kürzlich aufgestellt und muß noch vom Stadtentwicklungssenator festgesetzt werden. Die Milieuschutzverordnung dient der »Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung« sowie der »Erhaltung der städtebaulichen Eigenart«, also gegen die Verschandelung des Stadtbildes. Mit der Verordnung können Abrisse oder Baumaßnahmen untersagt werden, die so hohe Mieten nach sich ziehen, daß die ortsansässige Bevölkerung sie nicht mehr bezahlen kann, oder aber die die Infrastruktur im Kiez zu stark beanspruchen. In Tiergarten wurden so schon einige Dachgeschoßausbauten und aufwendige Modernisierungen untersagt. In Köln etwa, wo es in zehn Stadtvierteln diese Verordnung gibt, wurden unter Berufung darauf 105 Abrisse von 123 beantragten abgelehnt, weitere 868 Bauanträge wurden »im Sinne der Erhaltungssatzung positiv verändert«, wie das Deutsche Institut für Urbanistik ermittelte. Schwierig, aber rechtlich möglich ist es nach Einschätzung der Tiergartener Abteilung der S.T.E.R.N., die Verordnung auf Gewerbe auszudehnen. Die Kreuzberger sind nun so langsam in die Schuhe gekommen, sowohl deren S.T.E.R.N. wie auch die AL-Baustadträtin Romberg lassen derzeit prüfen, was man milieuschutzmäßig in SO36 tun kann. esch
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen