Kriegshausse von Friedenstauben getragen

Nicht der Krieg als solcher, sondern Erwartungen auf ein schnelles Ende desselben brachten Stimmung aufs Börsenparkett Gewinner des ersten Bombentages am Golf waren in Frankfurt Bauwerte, Bierbrauereien und die großen deutschen Banken  ■ Von Donata Riedel

„Kriegsgewinnler!“ sind die Börsianer gestern nicht nur in diesem Blatt beschimpft worden, weil sie mit Kriegsbeginn am Donnerstag die Aktienkurse kräftig nach oben spekulierten und satte Gewinne einstrichen. Eine völlig falsche Bewertung war das, wie wir uns gestern vom 'Handelsblatt‘ belehren lassen mußten: Keinesfalls handele es sich um eine „Kriegshausse“, sondern um eine „Friedenserwartungshausse“.

Die Händler hätten eben nicht auf einen langen blutigen Krieg spekuliert, sondern im Gegenteil nach dem „erfolgreichen gezielten“ Angriff der US-geführten Streitkräfte auf ein schnelles Ende desselben. Was uns — besonders in den westlichen Industrieländern — wieder friedliches Wirtschaften ermöglichen wird. Denn wenn die Börsianer an einen langen Krieg geglaubt hätten, dann wären die Aktienkurse abgestürzt; der Dollar und das einzig kriegsfeste Metall Gold hätten zugelegt.

Wer also hat am ersten Kriegstag am meisten von der Aussicht auf schnellen Frieden profitiert? In erster Linie natürlich die Baufirmen, schließlich geht auch in einem kurzen Krieg ein bißchen was kaputt. Die wegen der deutschen Vereinigung hohen Kurse der westlichen Baukonzerne legten folgerichtig weiter zu: Philipp Holzmann um 101 Mark auf 1.080 Mark, Hochtief um immerhin noch 55 auf 1.070 Mark.

Prozentual in ähnlichem Zugewinnrahmen lagen die deutschen Rüstungsschmieden, die allerdings nicht, wie manche unkten, übermäßig boomten. Gildemeister, bekannt geworden durch Waffengeschäfte mit dem Irak, wurde für 230 Mark gehandelt, um 17 Mark teurer als am Tag vor dem Golfkrieg. Daimler stieg um 32 Mark auf 551,50 Mark, Rheinmetall um 25 auf 270 Mark, Mannesmann um 20 auf 288,50 Mark.

Zugelegt haben am ersten Kriegstag auch die Banken, denn ein kurzer Krieg, vor allem die sinkenden Ölpreise, garantieren ein stabiles deutsches Wirtschaftswachstum, woran Bundesdeutschlands Banken naturgemäß immer beteiligt sind. Die Deutsche Bank schloß mit 607 Mark (+ 35,4 Mark), die Commerzbank mit 244 Mark (+ 16,60 Mark).

Gewonnen hat vor allem auch die Industrie, und dort wiederum die deutschen Autobauer (VW +29,5 auf 349 Mark) — bei sinkenden Ölpreisen können wir ja weiter aufs Gas drücken. Wovon die Reifenhersteller so direkt nichts hatten, sie dümpelten in Frankfurt trotz Hausse bei +/— Null. Mit den Ölpreisen schmierten am ersten Kriegstag die Mineralölaktien ab: BP verlor 35 Pfennig auf 9,25 Mark.

Auch wenn die Friedenserwartung für bombige Stimmung sorgte: Sektkorken mußte man ja nicht gleich knallen lassen, ein ruhiges Bier nach der Börsenhektik paßte wohl besser: Die Brauereien, die derzeit starke Umsätze wegen des großen Dursts in den FNL melden, legten durchgängig zu, Bavaria St. Pauli von 420 auf 445 Mark und Berliner Kindl von 450 auf 478 Mark.

Die Aktien US-amerikanischer Firmen stießen zwar in Frankfurt am ersten Kriegstag nicht so recht auf Händlerinteresse, dafür hieß es für sie in New Yorks Wallstreet „kaufen um jeden Preis“. Der Dow-Jones-Index erlebte den zweithöchsten Kursgewinn in der Börsengeschichte und zog um 114,60 auf 2.623,51 Punkte an.

Zum Höhenflug setzte der Flugzeugbauer Boeing an, der von 2,50 Dollar auf 48 Dollar zulegte. Die Freude des Vortages über die guten Umsatzergebnisse in der High-Tech- Banche hielt an, so daß IBM um 6,87 Dollar auf knapp 116 Dollar stieg. Selbst Ölkonzerne wurden in New York gehandelt, Mobil und Texaco konnten um 1,62 Dollar beziehungsweise 12,5 Cent zulegen. Auch bei McDonald's standen die Aktien mit 28,87 Dollar um 1,87 Dollar besser als am Vortag.

Und falls der Krieg doch noch anders ausgehen sollte als erwartet, sind wir hoffentlich Allianz-versichert. Die Aktien des Versicherers legten in Frankfurt am Donerstag weiter zu, um 135 auf 2.108 Mark.