: Geschäft nach Angriff im Keller
■ Berliner Videotheken bleiben auf ihren Kriegsfilmen sitzen
In den Berliner Videotheken werden seit Ablauf des UN-Ultimatums und dem Ausbruch des Golfkrieges weniger Videocassetten verliehen als sonst üblich. Manche Verleiher beziffern den Rückgang auf bis zu einem Drittel des Geschäfts. Insbesondere der Verleih von Kriegsfilmen ist so gut wie zum Erliegen gekommen. Einige Geschäfte gaben bei einer telefonischen Umfrage der taz sogar an, daß ein leichter Rückgang der Ausleihe schon während der Golfkrise zu verzeichnen gewesen sei.
»Es ist wesentlich ruhiger geworden«, ist bei Videoscope am Hohenzollerndamm zu hören. Kriegsfilme würden momentan gar nicht mehr ausgeliehen. Die Videothek Fünf in der Rixdorfer Straße verzeichnet einen Rückgang des Gesamtgeschäfts. Der Krieg sei bei allen Kunden ein Thema. Man rede in der Videothek sehr viel darüber: »Und alle sind dagegen.« Auch bei Videoworld in Neukölln ist das so. »Die Kunden reagieren schnell«, meint der Videothekar, »da ist ein großes Entsetzen, ein großes Problembewußtsein da, die Leute reden mehr als sonst.« Und der Kollege vom Video Valley macht es kurz: »Seit Montag ist das Geschäft generell im Keller.« Von Stagnation des Verleihs wird bei der Videothek Shopping 62 berichtet.
Während der echte Krieg immer aktueller wird, sei das Thema Krieg als Spielfilm schon »seit mehr als einem Jahr bei den Kunden nicht mehr so beliebt«, ist bei Rent-A-Video zu hören. Action, Kampfsport und Komödien seien »in«. Im Moment gingen Kriegsfilme »eher gar nicht«, meint der Verleiher bei Ku'damm Video und nimmt an, daß »Golfkrise und Golfkrieg der Hintergrund dafür sind«. Es sei ja »nicht gerade sehr witzig, jetzt Kriegsfilme auszuleihen«. Auch Hardy's Videoshops im Wedding verzeichen »überhaupt keine« Ausleihe von Kriegsfilmen, der Zusammenhang mit dem Krieg am Golf sei völlig klar. »Kein großes Bedürfnis« nach Kriegsfilmen, verzeichnet die Titisee-Videothek: »Läuft gar nicht.« Und die Tiergartener Video Inn bestätigt: »Das Geschäft ist nicht so wie üblich.«
Ihre Videothek in Neukölln sieht einen anderen Grund für die Kriegsfilm-Baisse. »Die Stammkundschaft hat das Sortiment durch, es gibt keine aktuellen Angebote.« Nichts Neues im Westen seit Born on the 4th of July. Auf dem Charlottenburger Video Island hingegen ist wieder klar, daß der echte Krieg Vater des schlechten Verleihgeschäfts ist. »Von Kriegsfilmen werden jetzt die Finger gelassen, Spionage und Krimi gehen besser.« Es gebe eine Menge Leute, die sagten: »Nicht jetzt.« kotte
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