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Verrat am deutschen Volk-betr.: Auszüge eines Briefes an Bundeskanzler Helmut Kohl

Auszüge eines Briefes an Bundeskanzler Helmut Kohl

[...] Zum zweiten Mal innerhalb von weniger als 50 Jahren besteht jetzt die Gefahr, daß Juden durch deutsches Giftgas getötet werden, darunter auch solche, die Auschwitz und andere KZs knapp überlebt haben. Ein Krieg am Golf, so wird geschätzt, könnte an die zwei Millionen Menschenleben kosten. Darüber hinaus droht eine die ganze Welt umgreifende Umweltkatastrophe größten Ausmaßes, die die Klimaerwärmung um 30 Jahre beschleunigen würde. Für all dies wäre Deutschland verantwortlich.

Als Bürgerin dieses Landes bin ich empört darüber, wie die Bundesregierung jetzt versucht, sich aus dieser Verantwortung zu stehlen. [...]

Sie haben die Pflicht, sowohl denjenigen Menschen gegenüber, die jetzt von deutschen Waffen bedroht werden, wie auch uns BürgerInnen gegenüber, die sich nicht schon wieder schämen wollen, Deutsche zu sein, alles zu tun, um eine friedliche Lösung der Golfkrise herbeizuführen. Dazu gehören Angebote an den Irak, die es ihm ermöglichen, ohne Gesichtsverlust die Besetzung Kuwaits aufzugeben, dazu gehört eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten, die von Ihnen initiiert werden könnte, dazu gehört die Anerkennung der Tatsache, daß die Palästinenserfrage mit dem gesamten Komplex zusammen gesehen werden muß. Dazu gehört vor allem, daß die Bundesregierung kriegerische Aktionen in der Golfregion nicht auch noch finanziell unterstützt.

Ich fordere und erwarte von Ihnen und den anderen Mitgliedern des Kabinetts, daß Sie dieser Pflicht genügen. Ich erwarte außerdem von Ihnen, daß Sie auf Präsident Bush einwirken, daß er seine Kriegspolitik in eine Verhandlungspolitik umwandelt und dem Embargo gegen den Irak die zwei Jahre Zeit gibt, die es braucht, um Wirkung zu zeigen. Krieg darf heute kein Mittel der Politik mehr sein. Wer dies nicht einsieht, ist nicht besser als Saddam Hussein und hat keine Veranlassung, diesen zu verteufeln.

Darüber hinaus haben Sie, der Sie geschworen haben, Schaden vom deutschen Volke zu wenden, die Pflicht zu verhindern, daß deutsche Soldaten, die schließlich auch zum deutschen Volk gehören, in der Golfregion oder anderen Krisengebieten ähnlicher Art eingesetzt und am Ende gar noch von deutschen Waffen getötet werden. Eine Verfassungsänderung, die das ermöglichte, wäre daher ein Verrat am deutschen Volk, und ich verlange von Ihnen, daß Sie jeden Versuch, eine solche Verfassungsänderung herbeizuführen, unterbinden. Barbara Volhard, Freiburg

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