Tod eines Rennläufers

■ Der Abfahrtsfahrer Gernot Reinstadler stürzte tödlich

Berlin (taz) — Bereits am Mittwoch hatten die Abfahrtsläufer heftig gegen den neuen Modus bei der Lauberhorn-Weltcup-Abfahrt im schweizerischen Wengen protestiert: Weil es Sponsoren und Medien so wollten, sollten nur die 30 Aktiven im attraktiven Hauptrennen abfahren, die sich in einem Vorlauf qualifiziert hatten. Während Routiniers wie Wirnsberger und Heinzer den Boykott aus finanziellen Gründen erwogen („Dafür gibt's kein Geld“), sah der Weltcup-Führende Marc Girardelli die kommende Gefahr voraus: Er nannte den Modus „eine Katastrophe“, weil sich die jungen Fahrer in ihrem Ehrgeiz, ins Hauptfeld zu kommen, rettungslos übernehmen würden. Zudem seien zwei Trainingsläufe für eine 4,25 km lange, schwierige Abfahrt einfach zu wenig. Doch die Funktionäre blieben stur. Ergebnis des Qualifikationsrennens: ein Toter. Der Österreicher Gernot Reinstadler konnte in der Zieleinfahrt den Druck auf dem Innenski nicht mehr standhalten. Sein Außenski schnellte nach oben, er fädelte damit in den Plastikfangnetzen ein. Beim Aufprall erlitt er eine Beckenspaltung, Knochenbrüche, Nervenverletzungen, vor allem aber riß die Hauptschlagader am Oberschenkel. Eine 30 Meter lange Blutspur hinter sich herziehend, rollte der Läufer den Hang hinab. Sechs Stunden lang kämpften Ärzte in Interlaken um das Leben des 20jährigen. Doch auch 40 Liter Bluttransfusionen konnten ihn nicht mehr retten. Schuld an dem ersten tödlichen Weltcup-Unfall seit 21 Jahren war im nachhinein keiner. „Vorher wollen sie nichts hören, nachher ist es niemand gewesen, ändern tut sich nichts“, wettert Armin Bittner. Der deutsche Abfahrtstrainer Martin Osswald, der den Kurs gesteckt und dabei zwei Tore vor dem Zielhang sehr weit nach links postiert hatte, sprach von „höherer Gewalt“. Der Sicherheitsbeauftragte des internationalen Skiverbandes (FIS), Sepp Messner, bezeichnete sich als „zu machtlos“. In Zukunft sollen die Kurse allerdings von Einheimischen gesteckt werden.

Nach Reinstadlers Tod wurden alle Rennen in Wengen abgeblasen. Ob sich jedoch grundsätzlich etwas an den immer bedrohlicheren Strecken ändert, ist zu bezweifeln. Vor vier Wochen erst flogen am Hasliberg zwei Abfahrerinnen über den Sicherheitszaun. Bei der Generalprobe auf der Olympiaabfahrt in Meribel waren die Kurse lebensgefährlich und wurden entschärft.

So herrscht vor der am Montag beginnenden Ski-WM in Saalbach- Hinterglemm eine gedrückte Stimmung. Der Golfkrieg und der Tod des Österreichers lassen den Wettstreit um 30 Medaillen bitter werden. Dem geplanten „Skifest für die Jugend“ wird bei stärksten Sicherheitsvorkehrungen die rechte Laune abgehen. Bleibt nur zu hoffen, daß das allgemeine Nachdenken sich auch in verminderter Risikofreude der Parcoursstecker äußert. miß