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AUSTEXAS

DERJAZZ-TIP  ■  CEDAR WALTON

»Die Musikszene wird beherrscht von Leuten, die singen«, gesteht Cedar Walton. »Es ist sehr schwer, dem Publikum eine Botschaft instrumental zu vermitteln — und Jazz ist nun mal hauptsächlich instrumental.« Endlich mal einer, der es ausspricht: Im zeitgenössischen Jazz, vom Modern bis zu Free und Avantgarde, geben Musiker wie Archie Shepp ihren Stücken oft interessante Titel, die aber ohne Text letztlich doch unverstanden bleiben. Bei Mingus' »Remember Rockefeller At Attica« beispielsweise kennt der politisch Gebildete zwar den thematischen Hintergrund, was der Musiker aber wirklich aussagen will, kann der Hörer trotzdem allenfalls nur erraten. Auch in Cedar Waltons Diskografie ist beispielsweise eine Platte aufgelistet, hinter deren Titel »The Pentagon« — ein derzeit häufig gebrauchter Begriff — sich Vieldeutiges verbergen kann, dessen Botschaft aber eben auch falsch gedeutet werden kann.

Aber ansonsten führt der Pianist, 1934 in Dallas geboren, keine politischen Titel im Programm. Nach seinem Musikstudium wurde er zum Militär eingezogen, zum Glück nicht in den aktiven Dienst, sondern ins Army-Orchester, wo er während seiner Stationierung in Stuttgart mit Eddie Harris und dem vor drei Wochen verstorbenen Wahl-Berliner Leo Wright zusammenspielte. 1957 zog er nach New York und arbeitete mit Lou Donaldson, Sonny Rollins, war zwei Jahre bei J.J. Johnson, ersetzte dann McCoy Tyner im Jazztet von Benny Golson/Art Farmer und saß von 1961 bis '64 am Klavier bei Art Blakey's Jazz Messengers. An der Seite von Abbey Lincoln verfestigte sich endgültig sein Ruf als brillianter und zuverlässiger Begleitmusiker. Bei den renommierten Plattenfirmen Blue Note und Prestige wurde Walton so etwas wie der Hauspianist, er wirkte unter anderem bei Eddie Harris, Freddie Hubbard, Dexter Gordon und Milt Jackson mit.

Seit 1967 leitete er seine eigenen Gruppen, mal als Cedar Walton Trio, Eastern Rebellion oder Soundscapes, aber mit dem Schwergewicht auf geradlinigen Hardbop. Zwischendurch ging er immer wieder mit anderen Kollegen auf Tournee, etwa mit Bobby Hutcherson beim Jazz Fest 1986, oder ins Studio, zum Beispiel mit Red Holloway. »Mein Hauptziel vor dreißig Jahren war«, so Walton, »in den besten Jazzclubs der Welt zu spielen. Ich muß an die Öffentlichkeit, das hält für mich den Jazz ständig faszinierend«. Da ist Cedar Walton heute mit seinem Trio (David Williams am Baß und Schlagzeuger Billy Higgins) im Quasimodo bestens aufgehoben. Text + Foto: Norbert Hess

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