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„Der Senat ist hilflos“

■ Bremer SPD und DGB ratlos über Mittel und Aktionen gegen den Golf-Krieg

Forderungen an den Bremer Senat hat die SPD-Landesvorsitzende Ilse Janz im Zusammenhang mit dem Golf-Krieg nicht: „Wir wissen ja gar nicht, was wir fordern sollten“, sagte sie gestern gegenüber der taz. Schließlich sei der Senat „ja selber hilflos“. Genauso geht es der SPD-Fraktion. „Regierungen, die die internationale Sicherheit, den internationalen Frieden oder die Menschenrechte verletzen, ist mit friedlichen Repressalien entgegenzuwirken“, lautet der Kernsatz ihres Antrags für die Bürgerschaftsdebatte über den Golf-Krieg am Mittwoch. Sind damit womöglich neben dem Irak auch die USA gemeint? Was kann Bremen konkret für die Umsetzung der Forderung tun? — Die SPD ist ratlos.

Bremens DGB-Chef Siegfried Schmidt hat es noch schwerer. Er weiß noch nichtmal, zu welcher Demonstration er aufrufen soll. Heute soll der Kreisvorstand entscheiden, ob am Samstag nach Bonn (zur DGB-Großveranstaltung) oder nach Bremerhaven (zu Demonstration und konreten Behinderungsaktionen am Hafen) mobilisiert wird. Gestern hatte die kleine Vorstandsrunde bereits beschlossen, nur nach Bonn zu rufen, war damit aber auf den entschiedenen Protest der nicht anwesenden IG Metall gestoßen. Schließlich hatten sich der Bremerhavener DGB-Chef Johnny Lüdemann und sein Oldenburger Kollege bereits für die direkte Aktion vor Ort entschieden.

Den „Bremer Aufruf“ (vgl. taz vom Montag) mit der Forderung, per Senatsauflage der Bremer Lagerhausgesellschaft den Transport von Rüstungsmaterial zu verbieten, hat der DGB überhaupt noch nicht beraten. DGB-Chef Schmidt hofft allerdings, „daß wir am Dienstag dazu kommen“.

Der SPD-Landesvorstand hatte sich bereits am vergangenen Freitag drei Stunden über die konkrete Forderung an den Bremer Senat gestritten — jedoch ohne abschließende Meinungsbildung. „Ich würde auch bei spontanen Aktionen im Hafen mitmachen“, gestand SPD-Chefin Janz, andererseits wisse sie ja überhaupt nicht, „ob der Senat die Transportbeschränkung bei der BLG überhaupt machen kann.“

Tatsächlich spielen SPD und DGB jetzt auf Zeit: „Wir wollen erstmal mit den betroffenen Arbeitnehmern reden, bevor wir unseren Emotionen freien Lauf lassen“, meint SPD-Chefin Ilse Janz. Und DGB-Chef Schmidt: „Das kann man nicht übers Knie brechen, aber ich hoffe, daß der Bewußtseinsstand in den Betrieben langsam wachsen wird.“ Die 15minütigen „Denkminuten“ am vergangenen Freitag seien schließlich — trotz schwacher Beteiligung in den großen Bremer Rüstungsschmieden — „unter dem Strich positiv“ gewesen.

DGB und SPD wollen nun mit den Beschäftigten der Rüstungs- und Hafenbetriebe über Konversion und Exportstopp sprechen — der DGB per Betriebsversammlungen, die von den Betriebsräten der Rüstungsfirmen einberufen werden sollen, die SPD in öffentlichen Veranstaltungen, „mit denen wir so schnell wie möglich beginnen wollen“, wie Ilse Janz sagte. „Die SPD-Position ist dabei eigentlich noch weitreichender, als die Forderung im 'Bremer Aufruf'“, erklärte die SPD- Chefin. Schließlich lehne die SPD ja „grundsätzlich alle Rüstungsexporte“ ab, nicht nur diejenigen, die über die Anlagen der senatseigenen Bremer Lagerhausgesellschaft laufen.

Dicke Backen machen zur Zeit nur die Jusos. Deren Bremer Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze fand es gestern „höchste Zeit“, daß der Senat „keine weitere Verschickung von Waffen über die Bremer Häfen“ zuläßt und weiter daran verdient.

In der Bürgerschaft werden die Grünen den Stopp aller Waffentransporte über bremische Häfen beantragen. Doch ihre zehn Abgeordneten werden dann die einzigen sein, die für diesen konkreten Bremer Beitrag gegen den Golfkrieg auch die Hand heben werden. Dirk Asendorpf

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