»Die Schulbücher für die Kinder selber kaufen«

■ taz-Interview mit Karla Werkentin, Stadträtin für Volksbildung im Bezirk Schöneberg INTERVIEW

taz: Angenommen, ich möchte mein Kind zum neuen Schuljahr in Schöneberg einschulen. Welche Einsparungen bekommen die SchülerInnen oder die Eltern zu spüren?

Werkentin: Als Mutter müssen Sie möglicherweise damit rechnen, ihrem Kind die Schulfibel selbst zu kaufen, weil das Bezirksamt, sollte die Vorgabe nicht zurückgenommen oder geändert werden, kein Geld hat, Schulbücher zu kaufen. Genau da sind die Einsparquoten nämlich am höchsten. Bei behinderten Kindern kann ich noch nicht mal versprechen, daß sie zukünftig in der Regelschule beschult werden.

Was steht mir denn unter diesen Voraussetzungen als frisch eingestellte Lehrerin bevor?

Dann ist es sinnvoll, daß Sie sich eine Menge Unterrichtsmaterialien selbst kaufen.

Bis hin zum Overheadprojektor?

Ich hoffe, der ist noch da. Aber falls er kaputtgeht, kann ich für nichts garantieren. Man kann sicher in Kooperation mit anderen Schulen einiges austauschen. Aber in dem Bereich der Sachmittelfinanzierung werden, um die geforderte Sparquote zu erbringen, massive Einschnitte vorgenommen werden müssen.

Daß gespart werden muß, bezweifelt niemand. Wo könnte Ihrer Meinung nach alternativ gespart werden?

Mir erscheint zum Beispiel eine Umverteilung von Geldern aus dem Tiefbau- in den Hochbaubereich möglich. Das würde unseren Schulen nützen. Die sehen nämlich aus wie Sau. Bei anderen Bereichen kann man sicher auch diskutieren.

Haben Sie denn bereits mit den Verantwortlichen in der Finanzverwaltung diskutiert?

Mir wird meist zu verstehen gegeben, daß ich den Unterschied zwischen Sperren und Streichen nicht kapiere. Gesperrte Gelder seien keine gestrichenen Gelder, wird mir dann immer erklärt — was ich für eine ausgemachte Lebenslüge halte. Das liegt, glaube ich, an dem typische Verwaltungs- und Behördendenken, das sich irgendwann verselbständigt hat. Dabei wissen diese Leute in ihrer Rolle als ganz normale Bürger und Steuerzahler sehr wohl, worum es hier geht: um ganz massive Einsparungen. Interview: anb