: SPD-Frauen mit 218-Kompromiß unzufrieden
■ Berlin soll sich im Bundesrat für Fristenregelung mit Zwangsberatung einsetzen/ AsF-Politikerin kritisiert »Preisgabe von Essentials«/ Frauenpolitikerin Holzhüter begründet Zustimmung mit der »Stärkung liberaler Kräfte« in der Berliner CDU
Berlin. Den Zuschlag für das Frauen- und Familienressort im neuen Berliner Senat verbuchten die SPD- Politikerinnen selbstverständlich als Erfolg. Doch sind in den Koalitionsvereinbarungen mit der CDU zur Frauenpolitik Stolpersteine eingebaut, die der künftigen Senatorin zu schaffen machen werden.
Besonderen Unmut erregte bei einigen SPD-Frauen der zum Paragraphen 218 ausgehandelte Kompromiß, der auf eine Fristenregelung mit Zwangsberatung hinausläuft. Denn die derzeitige Bundesratsinitiative, so heißt es im Koalitionspapier, soll in der Weise fortgeführt werden, daß »der Entscheidung der Frau eine eingehende Beratung vorgeschaltet sein muß.« Empört über diese »Preisgabe von SPD-Essentials« zeigte sich Lore Hüser, stellvertretende Vorsitzende der Berliner AsF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen). Dem SPD-Parteitag, der gestern über die Verhandlungsergebnisse zu entscheiden hatte, wollte sie Frage nach der »Schmerzgrenze« stellen.
Auch Ingrid Holzhüter, die für die SPD in der Arbeitsgruppe Frauen mitverhandelt hatte, gab sich nicht gerade begeistert über die Vereinbarung. Ihre Zustimmung begründete sie damit, so die »liberalen Kräfte« in der CDU stärken zu können. Hätten die Koalitionspartner keine Einigung erzielt, hätte sich Berlin im Bundesrat in dieser Frage heraushalten müssen. »Weder die liberale Haltung der Berliner CDU noch unsere Haltung wäre zum Zuge gekommen«, sagte Holzhüter. Erst im September hatte der rot-grüne Senat im Bundesrat eine Initiative für die Fristenregelung gestartet. Das »Schwangerschaftsgesetz« hatte zwar auch eine Beratung vorgesehen, die aber auf medizinische Aspekte beschränkt worden war. Nach Kritik von einigen SPD-Ländern war der Entwurf nicht mehr verabschiedet, sondern in die Ausschüsse verwiesen worden.
Über andere Punkte der Koalitionsvereinbarung zeigte Ingrid Holzhüter mehr Befriediung. So soll eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel ergriffen werden, bei der Arbeitsvermittlung die Verfügbarkeit nicht länger vom Nachweis einer Kinderbetreuung abhängig zu machen. Angesichts des drohenden Abbaus von Kindergarten- und Krippenplätzen könnte so der Ausgrenzung der Frauen vom Arbeitsmarkt vor allem in den neuen Bundesländern entgegengewirkt werden. Beim Landes- Antidiskriminierungsgesetz kann es allerdings zu Verwässerungen kommen. So soll zum Punkt Auftragsvergabe und Frauenförderung zunächst eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die der Erarbeitung eines Ausführungsgesetzes zustimmen muß. Der von der CDU bekämpfte Paragraph 13 des LADG sieht vor, Aufträge und Subventionen der öffentlichen Hand für die Privatwirtschaft an Maßnahmen zur Frauenförderung zu koppeln. Lu
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