Zwischen den Fronten

■ Irakische Oppositionelle im Hungerstreik gegen Krieg und Diktatur

Berlin. Aus dem Radio quakt die Stimme des BBC-Sprechers, über den Tisch verstreut liegen Zeitungen in deutsch, englisch und arabisch. Doch was immer an Informationen über den Golfkrieg zu erhalten ist, die zehn IrakerInnen nehmen sie gleichzeitig ungeduldig und widerwillig zur Kenntnis.

Die Nachrichten sind zensiert, die Bomben, das wissen sie, fallen nicht nur auf Abschußrampen und Raketensilos, sondern auch auf die Zivilbevölkerung — und zu der zählen auch ihre Familien.

Ihr Hungerstreik, den sie Dienstag abend im Büro der AL begonnen haben, ist deshalb in erster Linie eine Solidaritätserklärung an ihr Volk. Die Menschen im Irak, so ihre gemeinsame Erklärung, »leidet seit 22 Jahren unter einem Regime, das zu den brutalsten und gefährlichsten seit dem Ende des 2. Weltkriegs gezählt wird«.

Ein Blick in die Jahresberichte von amnesty international oder anderer Menschenrechtsorganisationen hätte genügt, um sich über die Diktatur im Irak zu informieren. »Aber«, sagt einer der Hungerstreikenden, ein Arzt, der während des iranisch- irakischen Krieges geflohen ist, »die Welt hat dazu ebenso geschwiegen, wie zu den Giftgaseinsätzen gegen Kurden und zu den Waffenlieferungen aus West und Ost.«

Mit Ausbruch der Golfkrise und des Krieges sei ihr Volk endgültig »zwischen die Fronten geraten«. Am meisten verbittert ihn, daß die Medien, wenn überhaupt, seine Landsleute als homogene Masse fanatischer Saddam-Anhänger darstellen. Daß es die gibt, bezweifelt keiner der Hungerstreikenden. Daraus auch nur unterschwellig die Legitimation für die Bombardierungen abzuleiten, sei »ein Verbrechen«. Die Iraker seien Menschen wie alle anderen auch, »die den Frieden und das Leben lieben«.

Mit ihrem Hungerstreik verbinden die irakischen Oppositionellen, darunter Mitglieder der irakischen Studentenvereinigung, einer irakischen Frauengruppe und anderer Organisationen, die folgenden Forderungen:

—sofortiger Waffenstillstand am Golf;

—Abzug aller irakischen Truppen aus Kuwait;

—Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Golf, als Alternative: Stationierung von UNO-Truppen;

—eine internationale Nah-Ost Friedenskonferenz;

—internationale Unterstützung „des Kampfes des irakischen Volkes, um die Diktatur zu beenden“.

Hoffnungen setzen die Hungerstreikenden nicht nur in die FriedensdemonstrantInnen in aller Welt, sondern auch auf die Exil-Opposition, die sich in den letzten Monaten in Beirut und London zusammengeschlossen habe. Vorerst geeint durch das eine Ziel: den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. anb