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Sekt und Rosen zum Abschied

■ Der Magisenat tagte gestern das letzte Mal

Berlin. War es nicht doch wunderschön? Mit Sekt und Rosen verabschiedeten sich gestern vormittag im Schöneberger Rathaus die Mitglieder der Landesregierung, besser bekannt unter dem schönen Namen Magisenat, von ihrem Regierungschef. Knapp vierzig Minuten dauerte die letzte Sitzung des einmaligen rechtsstaatlichen Konstrukts, das Berlin seit dem Tag der deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990 regiert hat. Im Einigungsvertrag war festgelegt worden, daß bis zu den ersten Gesamtberliner Wahlen der Ostberliner Magistrat und der Westberliner Senat gemeinsam die Landesregierung stellen sollten. In ihr saßen mehr oder minder friedlich vereint, SPD und CDU auf östlicher Seite und SPD und AL auf westlicher Seite — bis die Igel im November wegen der Räumung der Mainzer Straße das Bündnis vorzeitig verließen.

Der Westberliner Senat hat in seiner knapp zweijährigen Amtszeit 86 Mal getagt, der Magistrat, der am 6. Mai 1990 gewählt worden war, 35 Mal. Schon kurz nach der Wahl kamen Walter Momper und sein Zwilling aus dem Ostteil Tino Schwierzina überein, regelmäßig gemeinsam zu tagen. Insgesamt 28 Mal traten Magistrat und Senat zusammen und trafen schon vor der Vereinigung im Oktober gemeinsame Entschlüsse.

Um sich den Abschied voneinander — und größtenteils von der Macht — zu versüßen, tranken die 25 SenatorInnen und Stadträte gestern zusammen Sekt. Die Bürgermeisterin Ingrid Stahmer, die auch künftig im Senat sitzen wird, überreichte ihrem Chef zum Abschied 22 rote Rosen — für jeden Monat Regierungszeit eine. Auch der Ex- Oberbürgermeister Tino war eingeladen worden, der der Regierung nicht mehr angehört, seitdem er zum Vizepräsidenten des neuen Abgeordnetenhauses gewählt ist. Clemens Thurmann, bald Ex-Baustadtrat von Ostberlin, hielt den stimmungsvollen Abschied für die Nachwelt mit seiner Kamera fest. Auch Heide Pfarr, demnächst Ministerin im rot-grünen Hessen, war noch einmal in Berlin dabei. Nicht eingeladen waren dagegen die drei Ex-Senatorinnen der AL. Sybille Volkholz und Michaele Schreyer nahmen jedoch gestern morgen noch einmal mit ihren SPD-Mitstreiterinnen im Senat ihr traditionelles Hexenfrühstück ein — Anne Klein erholt sich derzeit in der Karibik. Um die Frauenzusammenarbeit zu stärken, hatten die acht Frauen des rot-grünen Senats immer dienstags vor der Senatssitzung diesen gemeinsamen Termin wahrgenommen. Auch hier wehmütige Szenen: Frau Volkholz, Ex-Schulsenatorin, brachte langstielige rosa Rosen mit. Im neuen Senat sitzen nur zwei der acht Feminats-Hexen: Jutta Limbach und Ingrid Stahmer. kd

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