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Generalstreik?

■ Einem Generalstreik für den Frieden fehlen Ziel und Adressat KOMMENTARE

Schon wieder ein Flugblatt, in dem zum „Generalstreik“ gegen den Krieg im Irak aufgerufen wird. Einige feministische Gruppen in Berlin appellierten an den Berliner DGB, andere Gruppen an den DGB-Bundesvorstand oder an die IG Metall. Beim neuesten Flugblatt steht überhaupt nicht mehr drunter, wer es gemacht hat. Anonymus hat festgestellt: „Nur einfach gegen den Krieg zu sein und weiße Bettücher zu schwenken, reicht nicht aus“. Die Parole „Generalstreik!“ ist mit großen Lettern quer über das ganze Blatt geschrieben. Ist es das, was ausreicht?

Die Forderung nach Generalstreik wird überwiegend von außergewerkschaftlichen Gruppen an die Gewerkschaften herangetragen. Das ist zwar legitim, aber politisch ernst zu nehmen ist es nicht. Denn gegen wen sollte sich denn ein Generalstreik richten? Gegen Saddam etwa, oder gegen die USA, oder gar gegen die UNO? Soll er die BRD beeindrucken, deren größte Sorge ist, die Bundesrepublik trotz Nato-Vertrag aus dem Konflikt herauszuhalten? Und wie, so fragt man sich, soll dem KfZ- Schlosser von nebenan, dem Straßenbahnschaffner oder der Verkäuferin bei Hertie klargemacht werden, daß ihre Streikaktion hier ein Beitrag zur Beendigung des Krieges fernab am Golf ist?

Der Generalstreik ist leicht gefordert, aber schwer gemacht. Er beruht auf einer umfassenden Mobilisierung der gesamten Bevölkerung, er braucht ein klares, in absehbarer Zeit erreichbares politisches Ziel, er ist das klassische Instrument der Gewerkschaftsbewegung für die innenpolitische Machtprobe.

Im Gegensatz zu jenen, die nun mit leichter Hand den DGB zum Einsatz seines äußersten Machtmittels drängen, müssen die Gewerkschaften bei allem, was sie tun, auf die Vermittelbarkeit ihrer Aktionen für alle Beschäftigten achten. Die politische Verantwortung der Gewerkschaften liegt darin, das ihnen Mögliche auch wirklich zu tun. Wenn es ihnen gelingt, die Angst und den Friedenswillen ihrer Mitglieder öffentlich auszudrücken und dabei möglichst viele Menschen dabei aktiv einzubeziehen, wenn es ihnen gelingt, die Diskussion und die Unruhe auch in die Betriebe, insbesondere in die rüstungsexportierenden Betriebe hineinzutragen, wenn sie es schaffen, dabei ihre spezifischen Aktionsformen soweit es geht zu entwickeln, dann haben sie mehr in die Friedensbewegung eingebracht als alle scheinradikalen FlugblattverfasserInnen, denen es so leicht von der Hand geht, vom DGB das Äußerste zu fordern. Martin Kempe

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