Eine Blutspur zu Siemens

■ Frauen demonstrierten gegen Golfkrieg und Rüstungsfabrikanten Siemens/ Münchener Friedensdemonstrant nach Kundgebungsrede festgenommen

München (taz) — Der Wind fegt die rotgefärbten Tausendmarkscheine über die Steintreppen des Münchener Siemens-Gebäudes: „Rüstungsgeld ist Blutgeld“, heißt es auf der Rückseite des imitierten Papiergelds. Vom Platz der Opfer des Nationalsozialismus führt eine rote Farbspur zur Niederlassung der Siemens Aktiengesellschaft. Demonstrierende Frauen haben gestern in München diese symbolische Blutspur gezeichnet.

„Rüstungsgeld“ klebt auf dem Pflaster. Schwarze Kreuze ragen in den Himmel vor dem Eingang von Siemens, die von schwarz verschleierten Frauen getragen werden. „An welcher Waffe forscht ihr gerade?“ werden die „Herren von der Rüstungsindustrie“ über Megaphon von einer Demonstrantin gefragt. Sie verliest einen „offenen Brief an die Kriegsfabrikanten“ und fordert die Firma auf, bereits jetzt mit Reparationszahlungen an die Opfer zu beginnen. „Verlangt von euren Bossen eine sofortige Rüstungskonversion“, werden die Angestellten gebeten. Doch weder „die Bosse“ noch die Angestellten wagen sich vor die Tür. Trillerpfeifen werden laut. „Keinen Kühlschrank mehr von Siemens“, ruft eine der Frauen.

Bereits vor zwei Tagen startete die Verbraucherinitiative Bonn einen Boykottaufruf gegen Firmen, die in Verdacht stehen, mit ihrem Rüstungsexport den Golfkrieg angeheizt zu haben (siehe taz vom 22.1.). Siemens steht auf der „schwarzen Liste“. Vor allem elektronische Steuerungssysteme soll die Firma noch im August an den Irak geliefert haben.

Doch die Siemens-Bosse wollen sich ihre weiße Weste nicht beflecken lassen. Firmensprecher Enzio von Kühlmann Stumm sprach von „beispiellosem Rufmord“ und drohte mit „rechtlichen Schritten“ gegen die Verbraucherinitiative.

Bei der ersten „Montagsdemonstration“ gegen den Golfkrieg wurde in München der Kriegsdienstgegner und Sprecher der „Münchner Zivi- Gewerkschaft“ Sven G. festgenommen. Die Polizei nahm den 26jährigen nach seiner Rede auf der Kundgebung für drei Stunden mit und beschlagnahmte sein Manuskript als Beweismittel. Gegen ihn sei Anzeige wegen Aufrufs zu strafbaren Handlungen erstattet worden, erklärten ihm die Beamten. In seiner Rede hatte Sven G. jedoch weder zu einer Blockade noch zu einer sonstigen Aktion aufgerufen. Der Kriegsgegner hatte lediglich über eine Sitzblockade vor dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck berichtet, an der er beteiligt war. lui