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Designer werden abgewickelt

■ Schöneweider Fachschule für Werbung und Gestaltung erhielt 18 Tage nach Fristablauf den Abwicklungsbescheid/ Studenten und Dozenten ohne Abschlüsse und Einkommen?

Schöneweide. In der hinterletzten Ecke, inmitten düster-schmutziger Industriekulisse von Schöneweide, befindet sich die Fachschule für Werbung und Gestaltung Berlin. Ein Klinkerbau, von der Industrie längst schwarzgeräuchert, beherbergt seit 1892 Berlins traditionsreichste Werbefachschule — zur Zeit lassen sich dort 148 angehende Werbefachleute ausbilden. Diese trauten nun am letzten Montag ihren Augen nicht, als — 18 Tage nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist — der Senat per Boten den Abwicklungsbescheid zustellen ließ. Die wohl billigste Art, sich des Problems zu entledigen, konstatierten Studenten und Dozenten auf einer gestern eiligst zusammengerufenen Vollversammlung.

Die Studenten sollen zwar ihre Ausbildung zu Ende bringen können und »mit Perspektive« abgewickelt werden, aber eine Anerkennung ihrer Abschlüsse wird ihnen bisher von keiner Seite garantiert und der Lehrbetrieb soll bis dahin auch nur noch mit den »hierfür unabweisbar benötigten Dienstkräften« weiterlaufen.

Nebenbei erfuhren Lehrer und Dozenten, die sich zudem gegen den Ausdruck »Dienstkräfte« verwahren, daß ihre Arbeitsverträge rückwirkend zum 1.1.91 gekündigt sind. Während die Leitung völlig resigniert und hilflos schien, rührte sich bei Lehrern und Dozenten sofort schärfster Protest. Die Leitung wurde wegen ihrer Tatenlosigkeit hart kritisiert und dazu aufgefordert, sich sofort um eine einstweilige Verfügung zu bemühen. Gleichzeitig will man sich an der Verfassungsklage gegen die Abwicklung beteiligen. Für Studenten und Dozenten gibt es nur zwei Alternativen: Die Schule muß entweder als selbständige Fachhochschule weiterexistieren oder zumindest, nach einem anderen Konzept, mit der bereits als Pilotprojekt gegründeten »Fachhochschule für Technik Berlin-Lichtenberg« zusammengelegt werden.

Bis heute hat nicht ein Senatsmitarbeiter einen Fuß in die Schule gesetzt, und die Bearbeitung des Antrags auf Überführung in den Fachhochschulstatus wurde von Monat zu Monat verschleppt. So mancher Student und Dozent ahnte bereits, was sich am Montag dann doch noch bewahrheitete.

Für die gesamtdeutsche Werbebranche würde die Schließung der Schule einen herben Verlust bedeuten. Die Ausbildungskapazitäten der alten Bundesländer reichen schon seit langem nicht mehr aus. Obwohl das Werbegeschäft im real existierenden Sozialismus eher verpönt war und die Schule daher ein Mauerblümchendasein in der Hoch- und Fachschulpolitik fristete, konnte sie sich ihren guten Ruf erhalten. Sie galt und gilt als hervorragende, weil praxisorientierte Ausbildungsstätte für Graphik und Design.

Westliche Werbeagenturen wissen die gut ausgebildeten Absolventen sehr zu schätzen. Zum Beispiel der Hamburger Tabakkonzern Reemtsma setzt inzwischen bei der Eroberung des Ostmarktes auf »natürliches DDR-Know-how« aus Schöneweide. Praktikantenverträge sind abgeschlossen, die Zusammenarbeit mit anderen Schulen läuft hervorragend, und Konzepte zur Überführung in den Status einer Fachhochschule liegen ebenfalls seit Monaten dem Senat vor. markstein

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