Tour d'Europe

■ Keine Saison in Hakkari

Am 11.1.91 sollte der Menschenrechtsausschuß des Europarates über die Situation der Menschenrechte in der Türkei — insbesondere im Hinblick auf die Unterdrückung der Kurden — diskutieren. Bedeutung gewann der vor Monaten erteilte Auftrag an den dänischen Berichterstatter Elmquist durch die Mitteilung der Türkei an den Europarat, daß sie verschiedene Dekrete verkündet habe, die zur Teilaufhebung von Menschenrechten in den kurdischen Gebieten führen.

Nach Angaben der Grünen Angelika Beer, noch bis April '91 Europaratsmitglied, wurde der Tagungsordnungspunkt mit der Begründung gestrichen, man könne die Thematik in dieser für die Türkei so schwierigen Situation nicht behandeln. Außerdem liege der Delegationsbericht nicht vor, da die Reise nicht stattgefunden habe. Herr Elmquist werde auch seine Berichterstatterfunktion nicht fortführen, da er demnächst durch die Neuwahlen in Dänemark nicht mehr im Europarat vertreten sein würde. Für Frau Beer hat „der Ausschuß des Europarates, der sich rühmt, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen, jede kritische Auseinandersetzung mit der Türkei aus Solidarität zum Nato-Partner verhindert.“ Damit erteile der Europarat „der Regierung Özal einen Freibrief für weitere Folter, Deportationen, Pressezensur und tagtägliche Gewalt gegen die kurdische Bevölkerung“.

„medico international“ ist ähnlicher Ansicht und ruft — unter Verweis auf die Minderheiten- und insbesondere Kurdenpolitik der Türkei — auf, das Reiseland Türkei zu boykottieren.

Seit Beginn des Golfkrieges nehmen die Repressionen in den kurdischen Gebieten der Türkei zu. Die Umgebung der kurdischen Stadt Diyarbakir wurde teilweise zum militärischen Sicherheitsgebiet erklärt, das Universitätskrankenhaus dortselbst vom Militär konfisziert. Das Militär beschlagnahmte ferner Überlandbusse und behinderte dadurch die aus dem Aufmarschgebiet Flüchtenden. Die Menschen aus dem grenznahen Gebiet Hakkari, seit langem schon fast entvölkerte militärische Sicherheitszone, flüchten in den Iran, teilweise sogar in die Sowjetunion. In Batman wurden vorsorglich oppositionelle Gewerkschafter und Vertreter politischer Gruppen in Vorbeugehaft genommen. Mit einem sofortigen Nothilfeprogramm soll in Türkisch-Kurdistan den dort lebenden und von dort fliehenden Menschen in Form von medizinischer Nothilfe, Brennstoffen und elementaren Lebensmitteln geholfen werden. medico international bittet dringend um Geldspenden unter dem Stichwort Kurdistan.

Konten: medico international, Postgiro Köln 6999-508 oder Frankfurter Sparkasse, Konto 1800 (BLZ 500 501 02).

Der türkische Innenminister Aksu erklärte hingegen in Ankara, daß die Türkei sich „angesichts des Golfkrieges möglicherweise auf einen Strom von mindestens 200.000 irakischen Flüchtlingen vorbereiten“ müsse.

Wie das Kurdistan-Informationszentrum in München mitteilt, sind inzwischen Tausende von kurdischen und arabischen Flüchtlingen aus dem Irak im Iran angekommen. Sie sind in Zelten untergebracht. Die kurdische Bevölkerung sei kurz vor Kriegsbeginn von der irakischen Regierung aufgefordert worden, sich zum Schutz gegen Giftgas Nylonzelte zu bauen. Auch für sie gab es keine Gasmasken. bel