Auch Kohl für Kriegssteuererhöhung Gies: Nur für Golf oder neue Länder

■ Lambsdorff: Ehrenwort, daß die Steuererhöhungen nicht zur Finanzierung der Einheit eingesetzt werden/ SPD-Wehrexperte Horn: Bundeswehr zu „östlich“ ausgerichtet

Bonn/Berlin (taz/dpa/ap/adn) — Noch ist nicht bekannt, wie hoch die zusätzliche Summe sein soll, mit der die Bundesregierung sich am Golfkrieg beteiligen wird. Sie wird im Laufe dieser Woche ausgehandelt. Unabhängig davon haben sich am Mittwoch weitere Unionspolitiker für eine Finanzierung per Steuererhöhung ausgesprochen.

Bundeskanzler Kohl sagte, die von den USA erwartete Hilfe habe eine solche Dimension, daß sie aus normalen Haushaltsmitteln nicht zu bezahlen sei. „Für eine bestimmte Zeit“ müßten deshalb die Einnahmen erhöht werden. Steuererhöhungen schließe er nicht aus, jedoch könnten sie erst festgelegt werden, wenn die Verhandlungen mit den USA beendet sind. FDP-Chef Graf Lambsdorff sagte dem 'Handelsblatt‘, es gelte weiterhin sein Wort, daß die Kosten der deutschen Einheit nicht mit Steuererhöhungen finanziert würden. Wenn die USA aber einen Kostenbeitrag für den Golfkrieg verlangten, „dann können wir uns das Geld nicht aus den Rippen schneiden“. Ein solcher Kostenbeitrag sei gerechtfertigt und müsse geleistet werden.

Auch der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Gerd Gies (CDU), hat sich für Steuererhöhungen ausgesprochen, falls sie der Übernahme internationaler Verpflichtungen wie im Golfkrieg dienen. Gegenüber der in Halle erscheinenden Zeitung 'Express — Neue Presse‘ sagte er: „Es geht nicht an, daß Deutschland ein wirtschaftlicher Riese, aber ein außenpolitischer Zwerg ist. Wir haben die Pflicht, größere Verantwortung in der Völkergemeinschaft zu übernehmen.“ Dafür sind nach Auffassung von Gies auch Steuererhöhungen ausnahmsweise gerechtfertigt. „Einzig denkbare Gründe für Steuererhöhungen sind mehr Zuweisungen für die neuen Bundesländer oder die verstärkte Übernahme internationaler Verpflichtungen, zum Beispiel im Golfkrieg.“

Der Direktor des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Horst Siebert, verlangte im Saarländischen Rundfunk die Einführung einer Kohlendioxidsteuer. Sie sei der richtige Anreiz, mit Öl sparsamer umzugehen; außerdem helfe dies, die Schadstoffe zu reduzieren. Wieviel Tausende Tonnen von Kerosin, die mit der Steuer finanziert werden sollen, am Golf täglich verflogen werden, sagte er nicht. Vorrangig, so Siebert, sollten allerdings die Subventionen der öffentlichen Haushalte gekürzt werden. Dies forderte auch der Bund der Steuerzahler, der Steuererhöhungen allerdings energisch ablehnt.

Gegen undifferenzierte Streichungen im Verteidigungsetat hat sich indes der SPD-Wehrexperte Erwin Horn gewandt. „Der Golfkrieg hat gezeigt, wie wichtig eine mobile, flexible und technologisch gut ausgerüstete Armee ist“, sagte Horn der 'Berliner Morgenpost‘. Im Etat gebe es aber immer noch unnütze Posten wie den Jäger90.

Der Kalte Krieg habe dazu geführt, daß die Bundeswehr zu „östlich“ ausgerichtet sei und auf neue Bedrohungen nur schwerfällig reagiere. Deutschland brauche jetzt ein völlig neues Verteidigungskonzept. Es wäre jedoch falsch, ein altes Feindbild einfach gegen ein neues auszutauschen. Die Bedrohung, die heute vom Irak ausgehe, könne morgen schon von einer ganz anderen Macht herrühren. Horn sprach sich für eine Grundgesetz-Änderung aus, die den Einsatz der Bundeswehr in internationalen Verbänden in Krisengebieten ermögliche.

Was kostet ein Krieg?

Auch am Mittwoch war noch nicht bekannt, wie die USA ihre Geldforderungen im einzelnen begründen. So ist etwa nicht bekannt, ob die US- Kalkulation auch die Wiederbeschaffungskosten für die abgeschossenen alliierten Flugzeuge oder die künftigen Verluste an Schiffen, Panzern oder Geschützen umfaßt. Falls sich das Ost-West-Verhältnis nicht wieder stark abkühlt, hätte ein Teil der schon bezahlten Gerätschaften für Luft-, Wasser- und Landstreitkräfte ohnehin ausrangiert werden können. diba