: Deutsche Soldaten zurückholen!
■ Niedersachsens Ministerpräsident Schröder warnt in Hannover vor Özals Größenwahn
Hannover (taz) — Den Abzug der deutschen Soldaten aus der Türkei hat gestern der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder verlangt. In einer Regierungserklärung vor dem Landtag in Hannover appellierte Schröder an die Bundesregierung, „alles zu vermeiden, was zu neuen Spannungen in der Konfliktregion um den Golf führen könnte“. Mit Schrecken sehe die Landesregierung den Versuch des türkischen Ministerpräsidenten Turgut Özal, aus Eigeninteresse den Nato-Bündnisfall zu provozieren.
Özal hege Träume, „als Kriegsgewinnler wieder ein osmanisches Großreich“ zu errichten. Für solche Machtinteressen dürfe das Leben deutscher Soldaten nicht gefährdet werden. Die Verlegung von dreihundert Bundeswehrsoldaten aus dem niedersächsischen Oldenburg in die Türkei bezeichnete der Chef der rot- grünen Landesregierung als Fehler und plädierte dafür, „die deutschen Soldaten aus der Türkei jetzt zurückzuholen“.
An die Kriegsparteien appellierte der Ministerpräsident, „sofort mit Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu beginnen“. Eine unnachgiebige Zensur verhindere, „daß wir auch nur eine ungefähre Vorstellung von den tatsächlichen Opfern und Zerstörungen in der Kriegsregion haben“. Bisher habe der Irak den Einsatz biologischer oder chemischer Waffen vermieden. In diesen Tagen stehe man vor der Gefahr einer weiteren Stufe der Eskalation am Golf. Die niedersächsische Landesregierung trete ohne Wenn und Aber für die Beendigung des Krieges ein.
Die Demonstrationen der SchülerInnen, StudentInnen und Auszubildenden gegen den Krieg nannte Ministerpräsident Schröder „einen Aufstand des Gewissens und einer verzweifelten Hoffnung“, auf die die Älteren Anwort geben müßten. Die Landesregierung werde ihre geringen Möglichkeiten nutzen und auch über den Bundesrat ihre Haltung zum Krieg der Öffentlichkeit näherbringen.
Im Anschluß an die Regierungserklärung verabschiedete der niedersächsische Landtag mit den Stimmen der rot-grünen Koalition eine Erklärung zum Golfkrieg, in der er sich die gemeinsame Stellungnahme der Landesregierung der niedersächsischen Bischöfe beider Kirchen und der Gewerkschaften gegen den Krieg zu eigen macht. CDU und FDP wollten ihr nicht zustimmen, da sie die „unverzügliche Beendigung der kriegerischen Handlungen“ verlangt. ü.o.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen