Für den Frieden...

Ein wahres Trommelfeuer von Vorwürfen muß die Friedensbewegung über sich ergehen lassen — kurz vor der Großdemonstration gegen den Golfkrieg, die morgen in Bonn stattfinden soll. Kritik kommt nicht nur von Kanzler Kohl („moralische Gleichgültigkeit“) und der 'FAZ‘ („Nie gab es einen Protest, der so ohne Argument war“). Auch von der kritischen Intelligenz muß die Friedensbewegung sich die Frage gefallen lassen: Wie will der Pazifismus Israel schützen?

Ein Blick auf die vielfältigen Formen und Parolen der Antikriegsproteste seit Kriegsbeginn zeigt zumindest, daß nicht alles in einen Topf geworfen werden kann. Der vielgehörte Slogan „Kein Blut für Öl“ nicht mit den bedingungslosen Antikriegsforderungen der SchülerInnen auf den Straßen und die Träger der Palästinensertücher nicht mit den Trägern von brennenden Kerzen. Wütend reagieren Friedensaktivisten aber spätestens dann, wenn jemand eine „wundersame Koalition“ von Friedensbewegung und Rüstungsindustrie beobachtet: „Die einen unterstützen Saddam moralisch, die anderen finanziell und mit technischen Mitteln“ (Henryk M. Broder).

Und auf ähnliche Vorwürfe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, deren Geschäftsführer Friedrich Bohl neun Fragen an die DemonstrantInnen formulierte, antwortete das Bonner Netzwerk „Friedenskooperative“: „Wer bedroht eigentlich Israel? Die von deutschen Technikern weiterentwickelten Scud-Raketen, gegen deren Arbeit die Bundesregierung jahrelang nichts unternommen hat, während die Friedensbewegung seit Jahrzehnten gegen Rüstungsexporte protestiert.“ Dennoch: Auf die Frage des Bündnis-90- Abgeordneten Konrad Weiss, welche Alternative es zur gegenwärtigen „Zwangsabrüstung“ des Irak, wie er es nennt, gibt, wird auf der Bonner Demonstration am Samstag geantwortet werden müssen.

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