piwik no script img

Der Potsdamer Platz und die Traufhöhe

■ Der neue Senator für Stadtplanung, Volker Hassemer, stoppt den städtebaulichen Wettbewerb für Berlins Mitte

Berlin. Kaum ein paar Stunden im Amt, hat der neue Senator für Stadtplanung, Volker Hassemer (CDU), schon den städtebaulichen Wettbewerb zum Potsdamer Platz gestoppt. Die Auslobung für das großteils an Daimler-Benz verkaufte Gelände war nach heftigem, monatelangem Hin und Her zwischen SPD und AL erst im November endgültig beschlossen worden. Tatsächlich veröffentlicht ist sie bis heute nicht. Schließlich konnte sich der rot-grüne Senat bis zum Schluß nicht über die Verkehrsführung einig werden.

Aber auch den bis dahin erzielten Kompromiß etwa hinsichtlich der Wettbewerbsvorgaben über die Traufhöhen und über den Anteil der Wohnbebauung will Hassemer jetzt revidieren. In einem »intensiveren, öffentlicheren und qualitiativ abgesicherten Verfahren« will der neue Senator die seiner Meinung nach zu einengenden Richtlinien in einem »straffen Tempo« und »ohne zeitliche Verzögerung im Endergebnis« in einem öffentlichen sogenannten »Stadtforum« unter Beteiligung von Verwaltungen, Experten, Lobbys etc. überdenken. Schließlich hatte zum Beispiel die Berliner Architektenkammer kritisiert, die Planung laufe zu sehr hinter verschlossenen Türen und es fehle an demokratisch legitimierten Konzepten. Dies soll, so war zu hören, den großen Integrator Hassemer schon lange geschmerzt haben. Klar wäre deshalb auch, daß er nach gewonnener Wahl den Wettbewerb stoppen würde.

Während die Architektenkammer, so die Vorsitzende des Landeswettbewerbsausschusses, Ingrid Schellstede, sich entzückt zeigt über Hassemers Vorstoß und hofft, jetzt noch einmal grundsätzliche Fragen diskutieren zu können wie Traufhöhe, Verkehrsplanung und Industrieansiedlung, aber auch allgemeine Zielvorstellungen über die Zukunft Berlins und schließlich sogar, ob Daimler überhaupt in der Stadtmitte sein sollte, sind andere eher skeptisch. So etwa Dieter Hoffmann-Axthelm, Mitglied der »Stadtspezialisten«-Gruppe »9. November«, die sich ebenfalls durch vehemente Kritik an der bisherigen Planung hervorgetan hat. Er fürchtet, es werde wieder nur über die Architektur selbst gesprochen, auf dieser Ebene sei eine Diskussion hoffnungslos und überflüssig. Wenn sie nicht dazu führe, daß noch einmal die Bedingungen der Geländevergabe verhandelt würden, sei das nur die Fortsetzung der Politik des SPD- Bausenators Nagel: »Die Traufhöhe für sich ist ein Fetisch.« grr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen