Golfkrieg immer teurer

■ Druck der USA auf Bonn, einen höheren Anteil an den steigenden Kosten des Krieges zu tragen, wächst/ Japan verspricht neun Milliarden US-Dollar

Washington/Tokio (taz) — Die geschätzten Kosten für den Golfkrieg werden immer größer. Der Rechnungshof des US-Kongresses bezifferte sie am Donnerstag auf mindestens 82 Milliarden US- Dollar (derzeit rund 140 Mrd. DM). Zum Vergleich: Der achtjährige Vietnamkrieg kostete seinerzeit rund 600 Milliarden. Mit der Kostenexplosion steigen die Erwartungen an die Verbündeten. Im Kongreß gab es in den letzten beiden Tagen heftige Attacken vor allem auf Japan und die BRD, die die USA am Golf „allein ließen“, obwohl auch „ihre Interessen dort verteidigt“ würden.

Die Bush-Administration verhält sich in der Öffentlichkeit zurückhaltender. Hinter den Kulissen wird jedoch erheblicher Druck auf Bonn und Tokio ausgeübt. Japans Ministerpräsident Kaifu gab dem inzwischen nach und kündigte weitere neun Milliarden US-Dollar für die Golfkriegskasse an. Aus Bonn, so vermeldet die 'Washington Post‘ am Donnerstag, sei mit bis zu sechs Milliarden Dollar zu rechnen — zusätzlich zu der offiziell von der Bundesregierung immer noch mit 2,2 Milliarden bezifferten, tatsächlich aber 3,4 Mrd. Dollar umfassenden Zusage, die Kohl US-Außenminister Baker im September letzten Jahres gemacht hat.

Ähnlich wie in Bonn wird seit gestern auch in Washington die Möglichkeit einer Steuererhöhung öffentlich diskutiert — wobei in den USA ganz offiziell von einer „Kriegssteuer“ die Rede ist. Auf Verstimmung zumindest hinter den Kulissen stößt die von Israel vorgetragene Forderung nach Zahlung von 13 Milliarden US-Dollar als „Ausgleich für zusätzliche Verteidigungsanstrengungen“ nach der Invasion Iraks in Kuwait sowie für die Reparatur von Schäden, die die irakischen Scud-B-Raketen verursacht haben. 24 Stunden lang bestritt die Bush-Administration, daß die israelische Regierung eine solche Forderung überhaupt auf den Tisch gelegt hat. Dann wurde sie als „Erwartung“ deklariert. Ein ranghoher Vertreter von Außenminister Baker nannte diese „Erwartung“ zum jetzigen Zeitpunkt, kurz nach der Lieferung der Patriot-Raketen an Israel und während der Golfkrieg noch voll im Gang sei, eine „typische Chuzpe“.

Der Rüstungskontrollexperte Paul Nitze, die 'Wall Street Journal‘-Kolumnistin Karen Elliot House und ein ehemaliges Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates äußerten sich bei einer öffentlichen Diskussion sehr viel deutlicher: „Wir sollten Israel nicht dafür bezahlen, daß es auf ein militärisches Eingreifen verzichtet, mit dem es ohnehin nicht mehr bewirken könnte als die gegen den Irak alliierten Streitkräfte.“Andreas Zumach

Japans Regierung bricht Gewaltverzicht

Die japanische Regierung hat sich schweren Vorwürfen des Verfassungsbruches ausgesetzt. Denn zum ersten Mal seit der Befreiung Japans im zweiten Weltkrieg plant die Regierung in Tokio, Angehörige der Armee — wenn auch unbewaffnet — in ein internationales Krisengebiet zu entsenden. Fünf japanische Armeeflugzeuge sollen in den nächsten Wochen Flüchtlinge von Amman nach Kairo fliegen. So entschied das japanische Kabinett am Donnerstag. Als weiteren und entscheidenden Beitrag Japans wurde beschlossen, neun Milliarden Dollar für die multilateralen Truppen zu zahlen. „Es ist schmerzlich. Aber wir Japaner, die wir den Frieden genießen, müssen auch die Lasten des Krieges tragen“, so Premierminister Kaifu. Die Regierungsentscheidungen fielen in offenkundiger Übereile. „Wir müssen sofort handeln. Jede Minute, jede Sekunde zählt“, so Finanzminister Ryutaro Hashimoto nach seiner Rückkehr aus den USA, wo ihm ein US-General Kriegsbilder mit den Worten erläutert hatte: „Waffen sind gut, aber sie kosten viel Geld.“ Doch Beamte des japanischen Finanzministeriums betonten hartnäckig: „Wir wollen, daß das japanische Geld nicht unmittelbar für den Krieg verwendet wird.“

Dagegen hält der Generalsekretär der Sozialistischen Partei, Tsuruo Yamaguchi: „Die Unterstützung der multilateralen Truppen im Golf ist für Japan verfassungswidrig. Die Verfassung verbietet uns eindeutig das Recht auf kollektive Verteidigung außerhalb der Landesgrenzen.“ Der berühmte Artikel 9 der japanischen Friedensverfassung von 1946 lautet: „Das japanische Volk verzichtet für immer auf das Recht der Nation, Krieg zu führen und Gewaltandrohung zur Lösung internationaler Konflikte einzusetzen.“ Mit diesen Worten als Waffe wollen die Oppositionsparteien nun die Regierungspläne stürzen. Da sie über eine Mehrheit im Tokioter Oberhaus verfügen, ist das nicht völlig aussichtslos. Bereits im November gelang es ihnen mit der Unterstützung breiter Kreise der Bevölkerung, die damals geplante Truppenentsendung in den Golf zu stoppen. Georg Blume