Hausbesetzer fordern gleiches Recht für alle

■ Besetzer aus Friedrichshain wollen Verhandlungen am runden Tisch/ Wohnungsbaugesellschaft blockt/ Vorbild sind Verträge von Prenzlauer Berg

Friedrichshain. Die Hausbesetzer in Friedrichshain möchten lieber heute als morgen Verträge für die rund 30 besetzten Häuser des Bezirkes abschließen. Mit dieser Erklärung gingen gestern fünf Vertreter der Friedrichshainer Besetzer auf einer Pressekonferenz in die Offensive. Die einzige Forderung: Die Verträge für die besetzen Häuser in Friedrichshain sollen den Verträgen der besetzten Häuser in Prenzlauer Berg entsprechen.

In Prenzlauer Berg wurden Mitte Januar fast alle besetzten Häuser legalisiert. Die Einzelmietverträge für die Bewohner und die Vorverträge mit der Option auf Selbstverwaltung und Selbsthilfe wurden von der Wohnungsbaugesellschaft (WIP), den Besetzern und Vertretern des Bezirksamts in einem Paket für alle besetzten Häuser am runden Tisch ausgehandelt und besiegelt (die taz berichtete).

Nicht weniger aber auch nicht mehr wollen nun die Besetzer von Friedrichshain. Die gestrige Offensive ist insofern von Bedeutung, weil viele besetzten Häuser in Friedrichshain bislang für den Abschluß von Verträgen zur Bedingung machten, daß sämtliche geräumten Häuser zurückgegeben werden müssen, und eine Nichträumungsgarantie und ein Rahmenvertrag für alle besetzten Häuser Berlins zugesagt wird. Hintergrund dieser Forderung war nicht zuletzt die Nacht- und Nebelräumungaktion der besetzten Häuser in der Mainzerstraße im vergangenen November, die nicht nur bei den Besetzern sondern auch bei vielen »Normal«bürgern große Empörung ausgelöst hatte.

Auf der gestrigen Pressekonferenz betonten die fünf Besetzervertreter, daß es ihnen nunmehr ausschließlich darum ginge, so wie in Prenzlauer Berg eine gemeinsame Lösung für die Häuser des Bezirks zu erreichen. Das große Problem in Friedrichshain sei jedoch, daß die Wohnungsbaugesellschaft (WBF) kein Intresse an einer solchen Regelung habe. Nach Angaben der Besetzer weigert sich die WBF beharrlich, einen runden Tisch als Verhandlungsgremium zu akzeptieren. Sie nehme lediglich an den Sitzungen einer sogenannten »Projektgruppe« teil, die bislang dreimal im kleinen Kreis ohne Ergebnis getagt habe. Von den Besetzern eingebrachte Vertragssentwürfe würden von der WBF überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Stattdessen insistiere die WBF auf einem eigenen vorgefertigten Vertrag. Der Vertrag sei jedoch nicht akzeptabel, weil er weit hinter die Modalitäten der Prenzlauer- Berg-Verträge zurückfalle. Als Bespiel wurde gestern genannt, daß die WBF erst nach dem Abschluß des Rahmenvertrags für die Instandsetzung Einzelmietverträge abschließen wolle. Hintergrund sei, daß die WBF den potientiellen Hauseigentümern damit offensichtlich die Möglichkeit offen lassen wolle, das Gebäude anderweitig zu vermieten. »Damit«, so die Besetzer, »haben wir keine Garantie, in den Häuser zu bleiben.«

Als »unzumutbar« wurde auch bezeichnet, daß die Friedrichshainer Besetzer im Gegensatz zu Prenzlauer Berg kein Belegungsrecht für freiwerdende Wohnungen in dem Haus bekommen sollen, sowie kein späteres Selbstverwaltungsrecht. Nicht annehmbar sei auch die Klausel, daß der Vertrag unwirksam wird, wenn es zum Bespiel keine Förderung von der BSM (Institution Berliner Selbsthilfe Modernisierung) gebe. Nach Angaben der Besetzer hat die WBF inzwischen das Ultimatum gestellt, daß sich die Häuser, die verhandeln wollten, bei der WBF »einzeln« bis zum 1. Februar zu melden hätten. Um sich nicht einzeln mit unannehmbaren Verträgen »über den Tisch ziehen zu lassen« forderten die Besetzer gestern die sofortige Etablierung eines runden Tisches unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und kompetenten Beratern und Offenlegung der Strategie der WBF. Das Ziel sei der sofortige Abschluß von Einzelmietverträgen und Vorverträgen wie in Prenzlauer Berg. Ihre Forderung wurde von dem früheren Kreuzberger Baustadtrat, Werner Orlowsky, der bereits die Prenzlauer Berg-Besetzer beraten hat, vehement unterstützt. Orlowsky forderte den Friedrichhainer Bezirksbügermeister Helios Mendiburu — der sich sehr für die Besetzer engagiert — auf, die WBF für eine Lösung wie in Prenzlauer Berg an den runden Tisch zu beordern. »Es wäre ein Skandal, wenn die WBF das nicht tut«, sagte Orlowsky. plu