: Todeskrämern das Handwerk legen
10-Punkte-Einigung zu verschärften Exportkontrollen/ Dissens über VS-Einsatz ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Die Bundesregierung hat sich beim Einsatz des Verfassungsschutzes gegen illegale Rüstungsexporte noch nicht einigen können. Nachdem am Montag abend eine Staatssekretärsrunde vergeblich nach einem Kompromiß suchte, soll sich möglicherweise schon heute der Koalitionsausschuß mit der Frage beschäftigen. Allerdings zeichnet sich ab, daß sich die FDP mit ihrem Vorschlag durchsetzen wird, den Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt mit den Ermittlungen gegen die Todeskrämer zu beauftragen. Erweiterte Aufgaben für den Verfassungsschutz hatten das FDP-Präsidium und die FDP-Minister Möllemann (Wirtschaft) und Kinkel (Justiz) abgelehnt.
Widerspruch kommt von Staatssekretär Neusel vom CDU-geführten Innenministerium. Dieser hat bereits „Formulierungshilfen“ für die Änderung des Verfassungsschutzgesetzes erarbeitet. Es sei schwierig, „die Polizeikompetenzen in das Feld der nachrichtendienstlichen Aufklärung herabzusenken“, erklärte Neusel gestern. Schließlich brauche die Polizei bislang einen konkreten Verdacht, um überhaupt tätig werden zu können. Bei der FDP ist man immerhin bereit, der Polizei die Vorfeldermittlungen zu erleichtern. Einer Änderung des G-10-Gesetzes, um Telefon- und Briefüberwachung möglich zu machen, werde man zustimmen, erklärte der FDP-Vorsitzende Lambsdorff.
Die Staatssekretärsrunde hat sich nach den Worten des Wirtschaftsministers Möllemann auf einen 10-Punkte-Katalog zur Verschärfung der Exportbestimmungen geeinigt. Danach soll die Mindeststrafe bei Verstößen von sechs Monaten auf ein Jahr erhöht werden. Die bereits jetzt geltende Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsentzug soll „generell“ und nicht mehr wie bisher nur bei besonders schweren Fällen gelten. Exporte über Strohmänner sollen ebenfalls als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Eine angestrebte Änderung des Strafrechtsgesetzes soll die Abschöpfung aller Erlöse durch illegale Exporte möglich machen. Damit werde bewußt auf die unmittelbare Existenzgefährdung gezielt, sagte Möllemann. Gegen „unzuverlässige“ Unternehmen soll in „besonders schweren Fällen“ ein Gewerbeverbot möglich sein.
Erweitert werden sollen außerdem die Genehmigungspflichten, insbesondere im Dienstleistungsbereich. Das für Exportgenehmigungen zuständige Bundesamt für Wirtschaft soll um den eigenständigen Bereich eines Exportkontrollamts ergänzt werden. Das bisherige Zollkriminalinstitut soll zu einer Bundesbehörde gemacht werden, welche den ermittelnden Zollstellen und Oberfinanzdirektionen vorsteht und deren Arbeit koordiniert.
Bei schweren Verstößen gegen die Exportbestimmungen soll eine sofortige Strafverfolgung möglich sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen