: Auslöschung des „Weiblichen“
■ Männliche Militärlogik droht alles zu ersticken, vor allem die „weiblichen Sichtweisen“
Krieg ist Männersache, in jeder Hinsicht. Im Fernsehen werden uns sauber zensierte Bilder von Fachmännern erklärt. Selbst in friedensbewegten Kreisen tut sich selbsternanntes militärisches Expertentum hervor: Aktionsradius der Scud-Raketen, Anzahl der ausgeschalteteten Flugzeuge — mann hat alles parat. Der Krieg scheidet nun, was der normale Alltag vorher mehr verdeckte: männliche und weibliche Logik.
In Großbritannien beispielsweise spricht sich die Mehrheit der Männer für, die Mehrheit der Frauen gegen den Krieg aus. Männer sind viel schneller bereit, sich in die angeblichen Notwendigkeiten der militärischen Logik einzulassen: Wer A sagt, muß auch B und C sagen, ungeachtet des grauenhaften Nachhalls: ABC-Waffen. Frauen hingegen steigen scharenweise aus der Logik der Eskalation aus, weil sie nicht ihre ist und niemals war.
Dies wäre ein Schutzschild gegen männliche Kriegsbegeisterung, wenn Frauen heute nicht mehr denn je von Machtpositionen verdrängt würden: ihre Stimme dringt nicht durch die verdichtete männliche Dominanz in den Medien, ihr Protest wird als naiv belächelt, ihre Bekenntnisse werden als Betroffenheitssoße oder „merkwürdige Friedenssehnsucht“ verächtlich gemacht. Dabei ist ihr grundlegender Einwand gegen einen Einstieg in die militärische Logik durchaus rational: dieser Krieg wird neben den menschlichen und ökologischen Kosten auch alle anderen Probleme des Nahen Ostens tausendfach verschlimmern, wird das bedrohte Israel neuen Bedrohungen aussetzen und zehn neue Husseins heranzüchten.
Doch die Kriegsberichterstattung in den Medien ist oftmals längst zum Feldzug gegen alle TrägerInnen weiblich-emotionaler Haltungen geworden und damit auch zum Feldzug zur Auslöschung des Weiblichen. Als Beispiel für viele sei hier der 'Spiegel‘-Bericht über „Theater in Frack und Asche“ zitiert, der mit einem Zynismus sondergleichen die „Weltmeister der Betroffenheit“, die „verstörten Macher und Murkser“, die „angstgetriebenen Spielverderber“ auf deutschen Bühnen geißelt, die es jetzt wagen, statt ihres normalen Programms Antikriegsstücke zu spielen.
Krieg ist — daran ändern auch Soldatinnen nichts — per se immer Krieg gegen Frauen und gegen „weibliche“ Gefühlsregungen auch bei Männern. In Kriegszeiten ist die männliche Welt auf allen internationalen Fronten im Vormarsch. Ute Scheub
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