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Palästinensischer Professor interniert

Administrativhaft wegen angeblicher Weitergabe von Informationen über Raketeneinschläge  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die israelische Polizei hat am Dienstag in Jerusalem den Palästinenser Dr. Sari Nusseibeh in Administrativhaft genommen. Zur Begründung der Internierung für sechs Monate hieß es, Nusseibeh habe den Geheimdiensten des Iraks und der PLO Informationen über den Einschlag von Scud-Raketen in Israel weitergegeben. Diese Begründung stieß auch bei israelischen Sicherheitsexperten auf Verwunderung. So meinte der ehemalige „Koordinator“ des israelischen Militärs im Libanon und der besetzten Westbank, Dr. Efraim Sneh, daß nur ein Gerichtsverfahren gegen Nusseibeh die Wahrheit an den Tag bringen könnte, nicht aber Administrativhaft. Mit der Verhaftung Nusseibehs scheinen die israelischen Behörden zu hoffen, die Siedlerlobby zufriedenzustellen, die zunehmend härteres Vorgehen gegen Palästinenser fordert.

Die Internierung Nusseibehs ist von Verteidigungsminister Arens selbst bewilligt worden. Der vierzigjährige Philosophieprofessor an der von Israel geschlossenen Westbank- Universität Birzeit wollte in den nächsten Tagen ins Ausland reisen. Der Presseberater des Verteidigungsministeriums, Danni Naveh, erklärte, die Verhaftung stehe im Zusammenhang mit der PLO-Unterstützung für Saddam Hussein, die jetzt auch im Südlibanon zu beobachten sei. Die israelischen Behörden reagierten sehr scharf auf jüdische und arabische Veröffentlichungen, die sich auf die Raketentreffer in Israel beziehen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Die irakischen Streitkräfte könnten aufgrund derlei Informationen ihre Treffsicherheit in israelischen Wohnvierteln erhöhen.

Die „gemäßigten“ Kreise unter den Palästinenserführern, zu denen Nusseibeh hier fraglos gehört, stehen jetzt unter Druck der israelisch- zionistischen Fiedensbewegung, die von ihnen fordert, sich deutlich gegen Saddam Hussein auszusprechen, und zugleich unter dem Druck der palästinensischen Öffentlichkeit, die sich mit dem „Widerstand des irakischen Volkes gegen die westlichen Aggressoren“ solidarisiert. Nusseibeh unterhielt seit langem enge Kontakte zu israelischen Friedensgruppen; seine guten Verbindungen in den USA hatten auch dazu geführt, daß Washington wiederholt gefordert hatte, er dürfe nicht deportiert werden. Am Dienstag hatte er in der arabischen Zeitung 'Al Fajr‘ einen Artikel veröffentlicht, in dem er die irakische Widerstandskraft gegen die westliche Kriegsmaschinerie hervorhob. Irak würde nun, nach dem Verschwinden des kommunistischen Hauptfeindes, Opfer westlicher Tests moderner Waffentechnologien, schrieb er. Die Palästinenser wollten jedoch Frieden. „Unter bestimmten Bedingungen“ sei der Rückzug Iraks aus Kuwait zu befürworten.

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