: US-Überlegungen für „Nahost-Friedensplan“
■ Aus Washington A. Zumach
Im US-Außenministerium wird an einem „umfassenden Nahost-Friedensplan“ für die Zeit nach Ende des Golfkrieges gearbeitet. Geplant sind u.a. eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ohne Beteiligung der PLO und regionale Vereinbarungen zur Sicherheits- und Rüstungskontrolle sowie zum Ausgleich wirtschaftlicher Unterschiede. US-Streitkräfte sollen auch nach Ende des Krieges gegen den Irak verbleiben — in stärkerem Umfang als vor Beginn des Golfkonflikts im August 1990. Diese Überlegungen waren auch Gegenstand des Treffens von Außenminister Baker und seinem sowjetischen Amtskollegen Bessmertnych, das mit der ersten gemeinsamen Nahost-Erklärung der beiden Staaten seit 1977 geendet hatte. Die Bush-Administration ist unterdessen vor allem gegenüber Israel und jüdischen Kreisen in den USA bemüht, den durch diese Erklärung entstandenen Eindruck zu verwischen, sie habe ihre Haltung im Golfkonflikt verändert.
Parallel zum State Department sitzt auch Bushs stellvertretender Sicherheitsberater Robert M. Gates im Auftrag des Präsidenten an der Erarbeitung eines „umfassenden Nahost- Friedensplans“. Wann und zu welchem Zeitpunkt die US-Regierung den Plan öffentlich bekanntgibt, ist noch offen, ebenso wie eine Reihe von Details. Absehbar sind Aussagen zu vier Bereichen:
Zur Gewährung der „regionalen Sicherheit“ ist der Verbleib starker US-Streitkräfte unerläßlich. Zwar sollen keine Bodentruppen, aber die US-Marine und wahrscheinlich auch Luftstreitkräfte auf Dauer in der Region verbleiben. Das gilt auch für umfangreiche Munitionslager und logistische Einrichtungen, um in künftigen Krisenfällen schnell auch mit zusätzlich herbeigeschafften Soldaten eingreifen zu können. Das Kräfteverhältnis zwischen den Staaten der Region soll „neu arrangiert werden“. Als „Hauptstützen“ für das neue Arrangement sollen Ägypten und Saudi-Arabien dienen. Noch keine endgültige Klarheit besteht über die Rolle von Syrien und Iran.
Um „den Rüstungswettlauf in dieser sensiblen Region zu stoppen“, wie es in der Baker-Bessmertnych- Erklärung heißt, soll das internationale Waffenembargo gegen den Irak auch nach dem Krieg aufrechterhalten werden, selbst wenn Iraks Militärmaschine in diesem Krieg weitgehend zerstört werden sollte. Von Israel, einziger Atomwaffenmacht der Region, wird die Zustimmung zu einer in Washington noch nicht näher beschriebenen Rüstungskontrollvereinbarung erwartet. Außerdem sollen „zusätzliche Maßnahmen“ ergriffen werden, um den Waffenfluß aus westlichen Staaten in die Nahost- Region zu unterbinden.
Das zum Teil immense wirtschaftliche Gefälle zwischen den Staaten der Region gilt im State Department als eine Ursache für die irakische Invasion in Kuwait wie für künftige Konflikte. Zum Ausgleich des Gefälles sollen ärmere Staaten wie z.B. Jordanien von Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Golfkieg profitieren, zu denen Washington die reichen Ölstaaten bewegen und auch selber finanziell beitragen will.
Hinsichtlich der Lösung der arabisch-israelischen Konflikte und vor allem des Palästinenserproblems gibt es bislang zwar keine neuen Ideen. Jedoch wird im State Department erwartet, daß sich die arabischen Staaten nach der „zurückhaltenden Reaktion“ Israels auf die irakischen Scud-B-Raketenbeschüsse jetzt zu Direktverhandlungen mit Tel Aviv bereit finden. Die PLO kommt als Verhandlungspartner in den Überlegungen des State Department nicht mehr vor. Die Tatsache, daß auch in der Baker-Bessmertnych-Erklärung über eine Lösung der diversen Nahost-Probleme lediglich von einer „Beteiligung der Palästinenser“ die Rede ist, die PLO aber unerwähnt bleibt, gilt in Washington als Indiz dafür, daß Moskau auf diese Linie eingeschwenkt hat.
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