Keine Großoffensive

■ Ulrich Albrecht zur Bewertung des Kriegsverlaufs INTERVIEW

taz: Was vermuten Sie hinter der Überführung irakischer Flugzeuge in den Iran? Welche Einsätze sind damit denkbar?

Ulrich Albrecht: Das sind die Kernstücke und modernsten Einheiten, über die die irakische Luftwaffe verfügt. Insgesamt sind das Jagdbomber, die für den Luftkampf und die Unterstützung der Bodentruppen hervorragend geeignet sind. Da sind nicht einfach Piloten getürmt, dann wäre der Flugzeugpark wahrscheinlich auch sehr bunt zusammengesetzt. Diese Maschinen sind eine in sich gegliederte Operations- und schlagfähige militärische Einheit. Und es ist durchaus nicht auszuschließen, daß sie nicht für die Dauer des Krieges im Iran interniert sind, sondern gelegentlich auch wieder aufsteigen.

Könnte mit diesem Verband ein Angriff auf Israel geflogen werden?

Über die Fähigkeit vom Betanken in der Luft verfügen offenbar die irakischen Streitkräfte nicht, also die Reichweite Israel erscheint ausgeschlossen.

Die iranische Regierung hat erklärt, die Maschinen würden erst nach Kriegsende wieder in den Irak zurückkehren. Wie kann man ein überraschendes Eingreifen wirkungsvoll verhindern?

Allgemein wird etwa die Entfernung der Triebwerke als grundsätzliche Aussage verstanden, daß diese Flugzeuge nicht einsetzbar sind oder nicht kurzfristig einsatzfähig gemacht werden können.

Teilen Sie die Interpretation, der Angriff auf die Stadt Chafdschi sei ein irakischer Versuch gewesen, den Beginn des Landkrieges zu forcieren?

Nein, es scheint sich hier eher um eine erneut sorgfältig kalkulierte Maßnahme psychologischer Kriegsführung, eher um einen begrenzten Schritt zu handeln, dem nicht ein gleicher folgt, sondern der nächste Schritt dürfte wieder völlig anders aussehen.

Die aktuellen Meldunge deuten aber auf einen weiteren irakischen Angriff hin.

Es kann durchaus sein, daß die Iraker eine begrenzte Operation vorbereiten. Abzuwarten, um Zeit zu gewinnen, heißt ja nicht, sich völlig passiv zu verhalten. Aber was gänzlich unwahrscheinlich ist, ist der Versuch einer irakischen Invasion gen Süden oder auch nur der Versuch, die alliierte Streitkraft anzugreifen und zu zerstören. Auch wenn die Zahlen der irakischen Panzer beeindruckend sind, so stellen sie doch nur einen Bruchteil des irakischen Militärpotentials dar und sind keinesfalls die Großoffensive. Interview: Georgia Tornow