Konkurs für Wohnungsunternehmen

■ Bislang keine Finanzen für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalts

Magdeburg — Die Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt sehen den Zeitpunkt der Illiquidität bei Ausbleiben finanzieller Zuwendungen immer näher rücken. Der drohende Konkurs sei das Ende der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, äußern sie in einem Schreiben an Innenminister Wolfgang Braun. Für 1991 hätten Wohnungsgenossenschaften und Wohnungswirtschaftsbetriebe des Landes noch keine Subventionen erhalten, die Modalitäten der Bereitstellung sind ungeklärt.

Immer mehr Betriebe können ihre Fälligkeiten nicht begleichen. Der Wohnungsbaugenossenschaft in Wolmirstedt kündigten die Stadtwerke an, bei Nichtbezahlung einer Rechnung in Höhe von 700.000 Mark innerhalb von acht Tagen die Versorgung mit Wärme und Wasser zu unterbrechen. Die Genossenschaft hat in diesem Monat Mieteinnahmen von rund 200.000 Mark, dem 1,2 Millionen Mark Kosten gegenüberstehen. Auf Heizung entfallen dabei 700.000 Mark, weitere 200.000 für Wasser- und Abwassergeld. Subventionen habe es bis Dezember 1990 gegeben, den Januar konnte man durch Rücklagen überbrücken, aber für Februar sieht Geschäftsführer Hartmut Werner schwarz. Die großen Wohnungsgenossenschaften der beiden Städte Magdeburg und Halle sollen nach Angaben der Landesverbände der Wohnungsunternehmen e.V. die bewilligten Bewirtschaftungsbeihilfen für das zweite Halbjahr 1990 noch nicht erhalten haben. Als negative Auswirkung wird befürchtet, daß bei nicht möglicher Bezahlung von Rechnungen Störungen der Wärme- und Wasserversorgung auftreten, Reparaturen nicht erledigt werden können und Aufträge an klein- und mittelständische Betriebe der Territorien storniert werden müssen.

In Sachsen-Anhalt bewirtschaften und verwalten rund 140 Wohnungsgenossenschaften und 60 Wohnungswirtschaftsbetriebe etwa 660.000 Wohnungen. In ihnen leben schätzungsweise zwei Millionen Bürger. Duurchschnittlich nur 30 Prozent der Aufwendungen für Verwaltung, Bewirtschaftung und Instandhaltung der Wohnungen können aus Mieteinnahmen gedeckt werden. Die Mietpreisfestbindung mache gewaltige finanzielle Mittel aus der öffentlichen Hand notwendig, Subventionen auf Dauer unerläßlich, meinen die Verbände.

Hohenmölsen im Süden Sachsen- Anhalts hat nach Presseberichten einen eigenen Ausweg aus der Misere gesucht: Rund 1.300 der insgesamt 2.200 kommunalen Wohnungen sollen dort zum Verkauf anstehen. Das erste Angebot erhalten die Mieter, danach könnten sich Bürger des Kreises bewerben, schließlich werde die Wohnung auf den Kapitalmarkt gebracht. Die Stadtverwaltung rechne damit, daß sich 40 bis 50 Prozent der Mieter zum Kauf entschließen. Die Kosten für eine 55-Quadratmeter-Wohnung zum Beispiel sollen sich nach Lage, Bautyp und Zustand zwischen 27.500 und 44.000 Mark bewegen. adn