Wie Verweigern geht

■ Ohne Sofortwirkung / Praxis bisher kulant

Augenblicklich verweigern mehr Soldaten und Reservisten den Kriegsdienst als jemals zuvor. Aber: Bis über die Anträge entschieden ist, dürfen Bundeswehreinheiten ihre Verweigerer z. B. in die Türkei mitnehmen. Dies geschieht aber zur Zeit nicht.

Ein formloser KDV-Antrag muß an das Kreiswehrersatzamt mitsamt einem ausführlichen, maschinengeschriebenen Lebenslauf, einem polizeilichen Führungszeugnis und einer ausführliche Begründung geschickt werden.

Nur für die 17- und 18jährigen, die noch nie beim Bund waren und auch noch keine Nachricht erhalten haben, daß sie bald antreten müssen, hat der KDV-Antrag eine aufschiebende Wirkung. Aber wenn erst der „Spannungsfall“ — oder auch „Bündnisfall“ — ausgerufen ist, können auch sie sofort eingezogen werden.

Aktive Soldaten und Reservisten dürfen nicht mehr ins Krisengebiet geschickt werden, sobald die Kreiswehrersatzämter, oft nach Monaten, entschieden haben. Zuvor sind sie nur vom Dienst mit der Waffe befreit.

Sich einer Wehrübung durch Krankheit zu entziehen, ist schwierig. Rechtsanwalt Günter Werner: „Nur wer nachweislich im Bett liegen muß und nicht reisefähig ist, darf zu Hause bleiben. Leichte Fälle kommen ins Feldlazarett.“ Auch die Unabkömmlichkeit vom Arbeitsplatz wird nur in seltenen Fällen anerkannt.

Tröstlich, daß die Bundeswehr im Augenblick ziemlich kulant ist. In der Regel werden Reservisten, die vor einer Wehrübung verweigern, wieder nach Hause geschickt. Auch ein Soldat der Oldenburger Alpha-Jet-Staffeln, die jetzt in der Türkei stationiert sind, durfte nach seiner Verweigerung in Oldenburg bleiben. Ob das auch im Kriegsfall und bei steigenden Verweigerungs-Zahlen so bleiben wird, ist offen.

Einige ehemalige Soldaten bereiten sich bereits darauf vor, ihren Wohnsitz im Falle der Einberufung zu Bekannten zu verlegen und für einige Zeit regelrecht unterzutauchen. „Ich habe mir mit einigen anderen schon ein Häuschen im Ausland organisiert“, meint einer, „und wenn viele abhauen, können die doch unmöglich allen nachforschen.“ Die Strafen für die „Dienstflucht“ allerdings sind nicht von Pappe: mit mehreren Monaten Gefängnis ist zu rechnen. Ein anderer Reservist: „Lieber ein paar Monate im Knast, als den Rest des Lebens tot.“ Hannes Koch

Beratung bei der DFGVK, den Kirchen und der KDV-Zentralstelle in Bremen.