: Proteste gegen Waffendealer zu spät
Die Gesellschaft für bedrohte Völker übt Kritik an DGB und Kirchen/ DGB soll Firmen „bestreiken“ ■ Aus Göttingen Reimar Paul
Die Kirchen und Gewerkschaften in der Bundesrepublik haben sich gegenüber den deutschen Waffenlieferungen an den Irak und der Vernichtung von Kurden und assyrischen Christen in diesem Land jahrelang passiv verhalten. Diesen Vorwurf erhob jetzt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Die in Göttingen ansässige Menschenrechtsorganisation beschuldigt den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, seit Beginn des iranisch-irakischen Krieges vor elf Jahren in keinem der rund 180 Betriebe, die dem Irak beim Aufbau seiner Giftgas-, Raketen- und biologischen Waffenindustrie halfen, ernsthaft interveniert zu haben. Fünfminutenstreiks und kirchliche Friedensaufrufe könnten jahrelanges Schweigen nicht ungeschehen machen.
Der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Katholischen Bischofskonferenz hält die GfbV vor, sich „allenfalls halbherzig“ gegen deutsche Waffenexporte und die Genozidverbrechen im Irak gewandt zu haben. Weiter bedauert die Gesellschaft, daß der Evangelische Kirchentag sich stets an „modischen Themen“ orientiert und einige der schlimmsten Fälle von Völkermord und Massendeportation nie problematisiert habe. Nach Angaben des GfbV-Bundesvorsitzenden Tilman Zülch ließ der Weltkirchenrat sogar die Kurden- und Assyrerverfolgung öffentlich dementieren, nachdem er 1975 und 1976 eine von einem britischen Oberst geleitete „Untersuchungskommision“ in den Nordirak entsandt hatte.
Die christlichen Gemeinden in der Bundesrepublik werden von der GfbV aufgefordert, Mahnwachen vor den 180 betroffenen deutschen Firmen abzuhalten. Der DGB, so Zülch, sollte „diese Firmen bestreiken“.
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