Angst um AktivistInnen

■ Die Palästinenserin Hanan Awwad zum Leben in Israel INTERVIEW

taz: Unter anderem wegen der Pressezensur gibt es so gut wie keine Informationen über die Situation der Palästinenser in Israel...

Hanan Awwad: Schon vor dem Krieg wurden wir Palästinenser in den israelisch besetzten Gebieten schlimm behandelt. Viele Panzer fuhren auf im Gaza-Streifen und in anderen Gebieten. Eine Frau wurde beispielsweise erschossen, bloß weil sie aus dem Fenster schaute. Nun können die Palästinenser, die im Gaza-Streifen und in der Westbank unter der verhängten Ausgangssperre leiden, überhaupt nicht mehr hinaus. Ich habe zum Beispiel meine Mutter und meine Schwester, die in der Westbank leben, überhaupt nicht mehr sehen können. Wir haben auch keine Telefonverbindungen mehr, nichts. Die israelischen Behörden finden alle möglichen Ausreden, um palästinensische Friedensaktivisten zu verhaften. Wir haben Angst um unsere Friedensaktivisten.

Wir haben auch davon gehört, daß in den palästinensischen Gebieten unter Ausgangssperre Hunger herrschen soll.

Das ist richtig. Die Menschen können nicht mehr einkaufen. Oft gibt es kein Wasser mehr, keine Elektrizität, Milch für die Kinder gibt es auch nicht mehr. Kranke Menschen können nicht einmal mehr ins Krankenhaus oder zum Arzt, sie dürfen nicht raus.

Hatten Sie persönlich Schwierigkeiten, nach Genf zu kommen?

Zum Glück lebe ich in Jerusalem, da kann man sich noch bewegen. Aber nur zwei Straßen weiter wurde ebenfalls schon eine Ausgangssperre für zehn Tage verhängt. Es war durchaus risikoreich, nach Genf zu kommen. Aber ich fand dieses Frauenfriedenstreffen äußerst wichtig. Andere Vertreterinnen von uns konnten nicht kommen, weil sie unter der Ausgangssperre leben.

Wird es schwieriger, Friedenspositionen zu vertreten?

Ja. Aber wir müssen es versuchen. Als Palästinenserin, Araberin und als Frau glaube ich an den Frieden. Der Krieg ist in jeder Hinsicht gegen die Menschenrechte. Wir haben 1988 unsere Friedensinitiative gestartet, und wir bleiben dabei. Ich möchte hier alle Menschen in der Welt auffordern, zu tun, was in ihrer Macht steht, um diesen schrecklichen Krieg zu stoppen.